Mag. Gabriele Wolf, Leiterin des Museumsforum Steiermark des Landesmuseum Joanneum, eröffnete die gut besuchte Tagung im Palais Attems.
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Vorwärts gehen oder stehen zu bleiben, die zwei Alternativen scheint das Sujetfoto des Programmfolders suggerieren zu wollen.
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Dr. Elke Tschernokoshewa (links) vom Sorbischen Institut Bautzen referierte darüber, dass die Zukunft "multigeschlechtlich und transnational" sei, während Dr. Karin Schmidlechner moderationstechnisch durch den dichten Vormittag führte.
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Dr. Joanna Lawnikowska-Koper zeichnete die unterschiedlichen Frauenbilder, die in der "Mutter Polin" gebündelt sind, nach.
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Und Dr. Martina Steiner erzählte über die Un-/Möglichkeit, aus einem partizipativen internationalen Projekt eine Ausstellung zu machen, die alle Inhalte und Facetten jeder Beteiligten beinhaltet. Konkretes Beispiel: die Sonderausstellung "Frauen - Arbeits - Welten" am Frauenmuseum "Evelyn Ortner" Meran.
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Graz - Vergangene Woche lud das Museumsforum Steiermark am Landesmuseum Joanneum zur Tagung "Frauenalltag - Gender-Perspektiven in der Europäischen Union". Referiert wurde vornehmlich von Frauen aus den neuen Mitgliedsstaaten, wobei die im Folder angekündigte Auseinandersetzung mit der "Behauptung, dass es im ehemaligen Ostblock - gemäß sozialistischer Ideologie - keinerlei geschlechterspezifische Benachteiligung gegeben hätte", eher vernachlässigt wurde.

Vielmehr wurde versucht, die spezifische Lebenssituation von Frauen im ehemaligen Osten zu beschreiben. Ein Vergleich mit der Lebenssituation von MigrantInnen von Dr. Elke Tschernokoshewa zwischen Aufnahme- und Herkunftgesellschaft brachte das ausschlaggebende Konzept: Frauen im ehemaligen Osten würden in einem "hybriden Raum" leben, zwischen Kapitalismus und Sozialismus, zwischen Karriere und Familie, zwischen öffentlichem und privaten Raum. Hier schloss sich auch der Kreis zu den Frauen im Westen: die Notwendigkeit, "ein Leben im Spagat" zu führen, bestünde für beide Seiten.

Mutter Polin, Afrika und Tirol

Dr. Joanna Lawnikowska-Koper ließ ihren Blick hingegen vornehmlich über das Bild der polnischen Frauen im Laufe der letzten 100 Jahre gleiten. Und stieß dabei auf eine fast übermächtig große Figur, die den Handlungsspielraum weiblicher Lebensentwürfe seit jeher eingrenzt: die "Mutter Polin". Für die Nation solle die polnische Frau ihre Bedürfnisse zurückstellen, durchaus auch ihre sexuellen, und tapfer und mutig in die Zukunft schreiten. Anders als in den meisten Ländern der Welt hieß dies aber auch, dass die Frauen immer in die politische Sphäre miteingebunden waren.

Als letze referierte Dr. Martina Steiner, die ein vierjähriges Projekt des Frauenmuseums "Evelyn Ortner" Meran in Kooperation mit dem Verein Südwind vorstellte. Das in mehrjähriger Vorbereitung entstandene partizipative Projekt versuchte, sowohl afrikanische, als auch nord- und südtiroler Frauen in die Umsetzung mit einzubeziehen. Was sich nicht immer als einfach herausstellte und neben einer ihrer Meinung nach durchaus gelungenen Ausstellung auch einiges an Konfliktmanagment und transkultureller Kompetenz enstehen ließ.

Wissenschaftlichkeit an die Betroffenen

Seit 2003 arbeitet das Museumsforum Steiermark am Landesmuseum Joanneum nun schon bereits an der Initiative "Frauenalltag in steirischen Heimatmuseen", im Rahmen dessen etliche dezentrale Ausstellungen, sowie ein spezifisches Bildungsprogramm stattfinden. "Wir wollen die Wissenschaftlichkeit wieder an die Betroffenen zurückbringen", so die Leiterin Mag. Andrea Wolf im Interview. Denn auch die Heimatmuseen müssten sich schön langsam an den Zeitgeist annähern, wenngleich auch nicht unbedingt in konventioneller Manier.

Viele der ausgestellten Objekte - vor allem, was das Leben von Frauen beträfe - seien mittlerweile antiquiert, ganz von der Behandlung der Gegenwart mal abgesehen. Wolf sieht hier unbedingten Handlungsbedarf: "Ich glaube, wir müssen uns verstärkt wieder zur Auseinandersetzung mit dem Brauchtum positionieren, warum sich zum Beispiel Bräuche verändern, wie man ja bei Halloween sehen kann." Diese Aufgabe sei in der Volkskunde völlig verloren gegangen. (e_mu)