Wien - "Dass diese Ausstellung im Wiener Jüdischen Museum stattfinden kann, zeigt, dass es nicht möglich ist, ein Werk wie das von Franz Schreker aus der Welt zu bringen": Bewegt zeigte sich der Komponist Gösta Neuwirth bei der Präsentation der Schau "Grenzgänge, Grenzklänge", die bis zum 24. April 2005 das Leben des österreichischen Komponisten zwischen Erfolg und Demontage durch die Nazis beleuchtet. Die Schau soll dem "verdrängten Komponisten neue Gegenwärtigkeit vermitteln", betonte Direktor Karl Albrecht-Weinberger bei der Pressepräsentation.

Zur Person

Schreker (1878-1934) war neben Richard Strauss, Erich Wolfgang Korngold und Walter Braunfels einer der meistgespielten deutschsprachigen Komponisten seiner Zeit, bevor sein Werk durch das Verbot unter den Nazis aus den Spielplänen verschwand. Der am 23. März 1878 als Sohn eines jüdischen Hoffotografen aus Böhmen und einer Mutter aus einer altsteirischen Adelsfamilie in Monaco geborene Schreker verbuchte mit u. a. "Der ferne Klang" (1912), "Die Gezeichneten" (1918), "Der Schatzgräber" (1920) und "Irrelohe" (1924) Erfolge. Von der kürzlichen "Irrelohe"-Inszenierung an der Volksoper habe man im Jüdischen Museum zu Planungsbeginn der Ausstellung noch nichts gewusst, so Albrecht-Weinberger.

Schreker war Uraufführungsdirigent von Schönbergs "Gurre-Liedern", hat auch den ersten Rundfunk-Kompositionsauftrag der Geschichte bekommen und die ersten Konzertfilme gedreht, schilderte Christopher Hailey von der Schreker Foundation. Von 1920 an leitet Schreker die Berliner Musikhochschule. 1931 musste er unter dem Druck des NS-Terrors die geplante Uraufführung seiner Oper "Christophorus" zurückziehen und wurde in Folge zum Rücktritt von seinem Amt als Direktor der Berliner Musikhochschule gezwungen. Franz Schreker starb am 21. März 1934 an den Folgen eines Schlaganfalls.

Die Aussellung

Die von Michael Haas und Hailey kuratierte Schau - die zweite in der Reihe "Musik des Aufbruchs" - dokumentiert die Lebensgeschichte und bietet auf so genannten "Werkinseln" die Möglichkeit, sich mit Klangbeispielen und Informationsmaterial mit bestimmten Werken ausführlicher zu beschäftigen. Sie ist aufgeteilt "wie das Leben Schrekers - eine Hälfte Wien, eine Hälfte Berlin", so Haas. Schreker sei "auch durch seine Herkunft gezwungen" gewesen, die "Grenzräume" zwischen Welten, Kulturen und Zeiten zu besetzen, so Hailey.

In Schrekers Werk spiegeln sich sowohl die Vorkriegswelt von Klimt, Schiele, Schnitzler, Freud und Weininger als auch die Möglichkeiten der neuen Technologien im Zwischenkriegs-Berlin. Die chronologisch aufgebaute Schau zeige, wie "dieser Klangkünstler der Vorkriegszeit durch diese Welten gegangen ist". Die in einer Berliner Wohnung während des Krieges gelagerten und daher zum Teil Kriegsschäden aufweisenden Exponate zeigen auch die Geschichte nach Schrekers Tod.

Langsames Umdenken

Wie lange die Verdrängung der jüdischen Komponisten auch nach Kriegsende noch währte, schilderte Neuwirth in Anekdoten aus seiner Studentenzeit, als ihm etwa sein Professor an der Wiener Musikhochschule noch in den 1950er Jahren eine Dissertation über einen jüdischen Komponisten nicht gestatten wollte, woraufhin Neuwirth Österreich verließ. Diese Schau "lässt die Wirksamkeit der Verletzungen Schrekers als auch meiner relativ werden", so Neuwirth. (APA)