Wien - Im Verteidigungsministerium weist man die Forderung der Grünen nach Suspendierungen auch in den Misshandlungsfällen Landeck und Bludesch zurück.

"Gravierende Unterschiede" zu Freistadt

Der Leiter der Gruppe II/A "Disziplinar- und Beschwerdewesen sowie Berichte", Brigadier Harald Leopold, wies am Mittwoch im Gespräch mit der APA auf "gravierende Unterschiede" zwischen den Fällen hin. In Freistadt sei es "völlig unkontrolliert zu einem Ausbildungsinhalt gekommen, der gar nicht vorgesehen war". In den anderen Fällen hingegen sei "kontrolliert", mit Vor- und Nachbesprechung und auf Basis von Freiwilligkeit vorgegangen worden.

Nach Bekanntwerden des "Geiselnahme"-Videos in Freistadt sind ein für die Ausbildung zuständiger Wachtmeister sowie der Kompanie- und der Bataillonskommandant - ein Oberleutnant und ein Major - suspendiert bzw., wie es beim Bundesheer korrekt heißt, vorläufig vom Dienst enthoben worden. Das bedeute, sie machen keinen Dienst, müssen sich aber zu vereinbarten Zeiten melden, so Leopold.

Geiselnahme inszeniert

Dem Wachtmeister wird vorgeworfen, selbstständig die fingierte Geiselnahme inszeniert zu haben. Der Bataillonskommandant hätte wissen müssen, dass mit dem Marsch eine fordernde Ausbildung am Programm steht, habe aber dennoch keine Vorsorge in Form der Benennung eines leitenden Offiziers getroffen. Und der Kompaniekommandant habe einerseits ebenfalls keine Vorsorge getroffen und habe andererseits auch im Nachhinein nicht auf die Vorfälle reagiert.

DisziplinarverfahrenP>

Außerdem sei in den betreffenden Fällen ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Dazu sei eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft gegangen. Sache der Staatsanwaltschaft sei es, zu prüfen, wie weit tatsächlich die Menschenwürde verletzt worden sei, so der Brigadier. Leopold: "Ein subjektives Empfinden hat man ja bald. Ob es auch ein strafrechtlicher Tatbestand ist, ist eine zweite Sache."

Disziplinarverfahren und Anzeigen habe es auch in den Fällen Landeck und Bludesch gegeben, so Leopold. Nicht aber eine Suspendierung, wie er bestätigte. Die Übungen seien zwar "überschießend" gewesen, es liege fraglos auch Fehlverhalten vor. Im Gegensatz zu Freistadt sei die Übung aber "kontrolliert" abgelaufen. Die Grundwehrdiener seien vorher "belehrt" worden, es habe auch eine Nachbesprechung gegeben, außerdem hätten die Rekruten jederzeit aussteigen können.

Sollten Staatsanwaltschaft oder Beschwerdekommission in diesen Fällen nachträglich zu anderen Schlüssen kommen, würden natürlich Konsequenzen nachgezogen, so Leopold weiter. Dass die Bundesheer-Beschwerdekommission in allen drei Fällen von einem Verstoß gegen die Menschenwürde spreche, wolle und könne er aber nicht beantworten.

Ebenfalls mit Konsequenzen bedacht wurde der bisher für die Ausbildung zuständige Abteilungsleiter. Der Brigadier wurde aber nicht suspendiert, sondern von seiner Funktion entbunden. Er ist nicht mehr für die Ausbildung zuständig, muss aber für Auskünfte in der Misshandlungsaffäre zur Verfügung stehen.(APA)