Wien - Barbara Prammer (S), Zweite Nationalratspräsidentin,
hält nicht viel davon, wenn Österreich-Konvents-Vorsitzender Franz
Fiedler nun einen Entwurf für eine neue Verfassung schreibt: Sie
befürchtet, dass dadurch "wichtige Erkenntnisse einzelner Experten"
verloren gehen könnten. Stattdessen sollte der Verfassungsgesetzgeber
Verhandlungen beginnen, forderte Prammer bei einer Pressekonferenz am
Donnerstag.
"Absolut kontraproduktiv"
Der Ö-Konvent habe seine Aufgaben "in unzähligen Sitzungen"
bewerkstelligt, nämlich das Durchforsten der gültigen
Bundesverfassung und das Aufzeigen möglicher Veränderungen. Viele
Vorschläge würden nun vorliegen. Für Prammer ist es aber "absolut
kontraproduktiv", wenn nun ein Entwurf für einen neuen
Verfassungstext geschrieben wird, wie Fiedler angekündigt hat. Sie
befürchtet, dass diese Vorgehensweise die Arbeit des Konvents
schmälern könnte und dass "wichtige Erkenntnisse einzelner Experten
verloren gehen könnten".
Stattdessen habe nun der Verfassungsgesetzgeber die Aufgabe,
anhand der Ergebnisse des Ö-Konvents Verhandlungen zu beginnen. In
einzelnen Punkten habe es im Konvent Konsens gegeben. Prammer
erinnerte aber erneut, dass es für die SPÖ aber wichtig ist,
wesentliche Punkte noch zu verändern. Die sozialen Grundrechte
müssten aufgenommen werden, eine Verdichtung der demokratischen
Mittel und eine Ausweitung der demokratischen Kontrolle sei
notwendig.
Fachausschuss "demokratische Kontrolle"
Prammer, die dem Fachausschuss "Demokratische Kontrolle" vorsteht,
pochte auf ein Minderheitenrecht zur Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses in der Verfassung. 1999 hätten sich alle
Parlamentsparteien für eine Ausweitung der Minderheitenrechte im
Nationalrat ausgesprochen. Der damalige ÖVP-Klubobmann Andreas Khol
habe der Opposition die Einsetzung eines U-Ausschusses ab einem
Viertel der Abgeordneten ermöglichen wollen. "Ich bedaure wirklich
zutiefst, dass die ÖVP heute davon nichts mehr wissen will", so
Prammer. Gerade dieses Recht würde die Transparenz des Parlaments für
die Bürger erweitern. "Wir brauchen ein großes Demokratiepaket und
nicht wie in den vergangenen Monaten passiert, einen
Demokratieabbau", forderte die Zweite Nationalratspräsidentin
abschließend. (APA)