Warschau- Die Gleichstellungsbeauftragte der polnischen
Regierung, Magdalena Sroda, droht mit ihrem Rücktritt. Sie will es
nicht hinnehmen, dass ihr Amt - wie von Ministerpräsident Marek Belka
beschlossen - dem Sozialministerium unterstellt wird. Belka reagiert
mit der Entscheidung auf die Diskussion, die Sroda durch eine
Äußerung über die gesellschaftliche Rolle der katholischen Kirche in
Polen ausgelöst hatte. Bei einer Konferenz in Stockholm hatte Sroda
sinngemäß erklärt, die katholische Kirche fördere in Polen die Gewalt
gegen Frauen eher als sie zu verhindern. Die konservative Opposition
forderte daraufhin Srodas Entlassung.
Senat auf Seiten Srodas
Der Senat, das polnische Oberhaus, und die "Vereinigung der
Parlamentarierinnen" stellten sich am Donnerstag auf Srodas
Seite. Der Senat weigerte sich, die im kommenden Haushalt für die
Gleichstellungsbeauftragte vorgesehenen Mittel von rund 1,2 Mio. Euro
dem Budget des Sozialministeriums zuzuschlagen. Die
Parlamentarierinnen bezeichneten Belkas Entscheidung als eine
"Herabwürdigung" von Srodas Amt und einen "empörenden Ausdruck der
Diskriminierung von Personen, die es wagen, intelligent zu sein".
Regierungssprecher Dariusz Jadowski sagte daraufhin, der
Ministerpräsident werde noch einmal über seine Entscheidung
nachdenken.
Auslöser für Gewalt
Magdalena Sroda hatte die katholische Kirche in Polen dafür
kritisiert, dass sie zu wenig gegen die Gewalt gegen Frauen tue.
Vielmehr fördere sie die polnische Tradition, nicht das Individuum,
sondern die Familie ins Zentrum der Ethik zu stellen. Die Folge sei,
dass Frauen sich nur selten gegen Gewalt in der Familie wehrten. Es
gebe also eine Verbindung zwischen der Lehre der katholischen Kirche
in Polen und der Gewalt gegen Frauen. Über dieses Thema sprach die
Gleichstellungsbeauftragte am Rande einer Konferenz und ging nicht
von einer Veröffentlichung ihrer Thesen aus.
Dennoch riefen Srodas Ansichten eine heftige Reaktion in der
polnischen Öffentlichkeit hervor. Der polnische Bischof Tadeusz
Pieronek sagte, Sroda zeichne ein "Bild des polnischen Mannes als
verknöcherten, mittelalterlichen Spießer". Ludwig Dorn von der
konservativen Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS)
nannte Srodas Äußerung "falsch, unklug und für gläubige Menschen
beleidigend". Dorn forderte den Ministerpräsidenten auf, Sroda zu
entlassen. Dieselbe Forderung wurde von der Partei "Liga polnischer
Familien" (LPR) erhoben. Hinter Sroda stellten sich dagegen die
Fraktionen der Links-Regierung SLD und UP und die Sozialdemokraten
(SdPl). Der SLD-Vorsitzende Krzysztof Janik sagte, Sroda habe eine
"authentische Wahrheit" ausgesprochen. (APA)