Grafik: derStandard.at
Neubeginn und Neupositionierung sind zwar traditionelle Themen zum Jahreswechsel, eigentlich sind sie aber - einmal umfassender, einmal auf Teilbereiche konzentriert - permanent Bestandteil des Berufslebens.

Wenn Manager und Managerinnen wechseln, sind 100 Tage Schonfrist mittlerweile ein Relikt. Die Erwartung ist auf beiden Seiten besonders hoch. "Die Beliebtheit von neuen Managern ist am Anfang sehr groß - sechs Monate später hat sich das fast ins Gegenteil verkehrt", sagt Philipp Harmer, Geschäftsführer von Egon Zehnder. Menschliche Defizite, Kommunikationsprobleme und enttäuschte Erwartungen würden dann auf beiden Seiten kumulieren. Er vergleicht das mit einer Sinuskurve, die er "zu 100 Prozent seit 15 Jahren" beobachtet.

Harmer: "Nur wer aus dieser Tiefe eine Höhe entwickelt, hat es wirklich geschafft: Respekt und Vertrauen bei den Mitarbeitern, und das Glücksgefühl, Erfolg zu haben." Andernfalls seien Unternehmen heute sehr schnell und konsequent im "Feuern".

Wichtig sei es im Vorfeld, klar zu sehen, dass berufliche Neuorientierung eine "echte Belastung für das Familienleben ist", das erste halbe Jahr hart sei, bis die Ernte sichtbar werde. Damit meint Harmer vor allem die Lernkurve als Folge eines Neubeginns.

"Klarheit" ist für Gundi Wentner, geschäftsführende Partnerin von Wentner Havranek Deloitte & Touche, der Knackpunkt in Startphasen. Einerseits beginne die Einarbeitung bereits beim Lesen von Stellenanzeigen - "alles andere ist zu spät" - andererseits würden auch von Kandidaten die Erwartungen des Arbeitgebers zu wenig hinterfragt. Wentner: "Ziele müssen auf ein Jahr ganz klar sein, und zwar nicht nur die Überschriften." Weiters seien Meilensteine zu formulieren, und nach dem ersten Monat habe mit den Eigentümern oder etwaigen Vorgesetzten ein Standortgespräch stattzufinden. Mit solcher Klarheit, sagt Wentner, wären 95 Prozent des Scheiterns neuer Manager zu vermeiden. Und: In Top-positionen werde da heute nicht sehr lange gefackelt.

Wentner: "Auch der Aufsichtsrat muss klare Ziele vorgeben - meistens reden die Aufsichtsräte mit den Vorständen nur über Bonifikationen." Harmer wünscht sich Aufsichtsräte auch beim Coaching für ihre neuen Manager in aktiverer Rolle.

Da sich Neue sowohl intern als auch extern schnell einer Öffentlichkeit stellen müssen, kaum dass die Tinte unter dem Vertrag getrocknet ist, käme es besonders darauf an, die "beschränkten Transiträume" für die Positionierung zu nützen, sagt Susanna Wieseneder, als Executive Counselor mit der Positionierung und Beratung von Managern und Politikern beschäftigt.

Dabei gehe es um das Hinüberziehen positiver Erfahrungen und um den Abschied von Verhaltensweisen die im alten Kontext gepasst haben und von Vorurteilen. Drei wesentliche Punkte gelte es vor der Veröffentlichung eines Wechsels zu reflektieren: die neuen Spielregeln, das neue Wertesystem und die Veränderung des "persönlichen Aggregatzustandes". (Der Standard, Printausgabe 18./19.12.2004)