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"I Am From Austria": Wir sind die Welt! Und sie ist klein.

Foto: AP/Straub
Wien - "Falco ist der einzige internationale Popstar, der auch im Ausland Karriere gemacht hat." So einen von Niki Lauda in der letzten Folge der ORF-"Austro-Pop-Show" am Freitag ausgesprochenen Satz muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Geschlagen wurde diese Behauptung allerdings, wie befürchtet, von der Moderatorin der Sendung, der über zehn lange Jahre im Bassena- und Plattenbau-Talk bei einem deutschen Privatsender gestählten Arabella Kiesbauer.

Die Frau dürfte laut Studiogast Marianne Mendt eigentlich nur wenig zum historischen Austropop sagen. Immerhin sei sie damals ja noch "in Abrahams Wurstkessel" herumgeschwommen. In letzter Zeit war Kiesbauer jedenfalls in heimischen Illustrierten mit Nacktfotos und dazugehörigen Klagen über den Niveauverlust im Fernsehen aufgefallen. Hier verblüffte sie nicht nur einen sichtlich kurz um Fassung ringenden Hubert von Goisern im "Live-Talk" mit einer preisverdächtigen Frage: "Hast du in Tibet auch den Dalai-Lama getroffen?"

Im Rahmen des großen Finales wollte die Pisa großräumig umfahrende Moderatorin dann aus Georg Danzer auch noch unbedingt die Zusage herauspressen, dass dieser doch ein Lied für DJ Ötzi schreiben solle: "Du musst dich aber jetzt nicht sofort (sic!) committen!"

DJ Ötzi demütigte anschließend das kubanische Volk mit einer tirolerischen Neudeutung der heimlichen Nationalhymne der Zuckerinsel. La Guantanamera, die hier "Weltpremiere" feiernde Ode an ein Mädchen aus Guantánamo geriet ihm zu einer himmelschreienden Sicht auf den hiesigen Machismo: "Servus die Wadln!" mit der darin enthaltenen These, dass Frauen Männer gern haben, die sich gern wegen Frauen hauen.

Zumindest mit dieser Sichtung österreichischer Befindlichkeit brachte der von Arabella Kiesbauer als "Erich Friedle" (!!!) verabschiedete Gery Friedle die Leute im Saal auf die Stühle und zum Mitpaschen. Ein weiteres Indiz, dass hier per "Publikumsvoting" jenes Lied aus der österreichischen Popgeschichte gewählt werden sollte, das unserer Seele am idealsten entspricht.

Leider kam dabei Kurt Sowinetz mit seiner legendären Interpretation von Beethovens Kulthit "Freude schöner Götterfunken" als "Alle Menschen san ma zwida, i mecht' sie in die Gosch'n hau'n" nicht in die engere Wertung. Dafür wurden zumindest in der Mur-Mürz-Furche als Weltstars gehandelte Senioren wie die EAV mit einer das Pentagon erschütternden Protest- note auf die Bühne gelassen: "God Bless America!". Und es durften sich auch die sichtlich unter schwerem Pensionsschock stehenden Opus mit einer Durchhalteparole in Erinnerung rufen: "The Beat Goes On!"

"Das ist Österreich!"

Austropop-Experte Alfons Haider schließlich war es vorbehalten, das große Abstimmungsfinale einzuleiten. Mit einem tief empfundenen Mir-san-mir-Bekenntnis zu heimischer Popmusik und deren Dialektgesang ("Das ist Österreich! Das versteht man im Gegensatz zu Englisch wenigstens!") voteten sich die Zuschauer schließlich über die ursprüngliche Favoritin Christl Stürmer mit dem oberösterreichischen Klassiker "Mama ana ahabak", den hier nur als Musical-Wiedergänger präsenten Falco ("Rock Me Amadeus") und Hubert von Goisern mit "Heast as net" zum nicht ganz überraschenden Sieger.

Ein sichtlich gerührter, aber auch ein wenig geschüttelter Rainhard Fendrich nahm den Lorbeer für "I Am From Austria" entgegen. Dieses auf dem breiten Grat zwischen Kitsch und Chauvinismus wandelnde Lied wurde am Ende von allen beteiligten Musikern im Sinne von "We Are The World" angestimmt. Wir sind die Welt! Und sie ist klein.

Austropop war immer schon die Rache des Provinzialismus an der Globalisierung. Wie sangen Waterloo & Robinson 1976 da draußen beim Eurovisions-Songcontest, bevor sie wieder für immer nie weit weg nach Hause gefahren sind: "Das ist meine kleine Welt, sie ist frei und ohne Sorgen. Denn in meiner kleinen Welt fühl ich mich mit dir geborgen." (Christian Schachinger/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20. 12. 2004)