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Foto: AP/Pizak
Wien - "Das sind dramatische Ergebnisse, wir sitzen da auf einer tickenden Zeitbombe." So kommentierte am Montag Konsumentenschützer Karl Kollmann von der Arbeiterkammer Wien die erste repräsentative Studie zum Thema Kaufsucht in Österreich.

In Österreich sind insgesamt 25 Prozent der Bevölkerung (26 Prozent Frauen, 23 Prozent Männer) kaufsuchtgefährdet, wobei insgesamt 5,6 Prozent stark kaufsuchtgefährdet sind. Zudem sind besonders junge Menschen, speziell Frauen, betroffen: So ist jede zweite Frau im Alter zwischen 14 und 24 kaufsuchtgefährdet, bei den Burschen sind es 38 Prozent. Bei den 25- bis 44-Jährigen tendieren 28 Prozent (30 Prozent Frauen und 25 Prozent Männer) zur Kaufsucht.

"Das ist bei jungen Menschen doppelt gefährlich, weil die Eltern sehr oft Geld zuschießen. Treten sie dann ins Erwerbsleben ein, haben sie nicht gelernt, mit Geld umzugehen", so Kollmann, der ein weiteres Ansteigen der Überschuldung der Haushalte kommen sieht.

Single eher gefährdet

Kaufsuchtgefährdung ist unabhängig von Beruf, Wohnort, Ausbildung oder Einkommen, erklärt Studienautorin Irene Kautsch, wobei jedoch bei hohem Einkommen naturgemäß die Sucht weniger schnell zum Vorschein kommt. Singles sind eher gefährdet als Mehrpersonenhaushalte. Einen Zusammenhang gibt es auch mit den Einkaufsmöglichkeiten Versandhandel und Internetshopping, wobei oftmals unnötige Dinge gekauft werden.

Gefährdeten Personen rät Kollmann, nicht ungeplant einkaufen zu gehen, keine Bankomat- oder Kreditkarte mitnehmen und beim Shoppen nur so viel Geld einstecken, wie für den Einkauf gebraucht wird.

Angesichts des raschen Anstiegs der Zahl jugendlicher Verschuldeter, wie bei den Schuldnerberatungsstellen beobachtet, erneuerte Kollmann die seit Jahren gestellte Forderung an Bildungsministerin Elisabeth Gehrer nach einem Präventivprogramm für Kaufsuchtgefährdete, das vor allem einen Unterrichtsgegenstand Verbraucherbildung beinhaltet. Dieser (verpflichtende) Gegenstand sollte kritischen Umgang mit Werbung und Medien lehren, über Konsumentenrechte informieren und Zinsrechnung beinhalten. Einen Lehrgegenstand "Verbraucherschulung" gebe es bereits in skandinavischen Ländern. Kollmann: "Alle relevanten Einrichtungen, auch Konsumentenschutzminister Herbert Haupt, treten dafür ein. Gehrer stemmt sich dagegen." Eine weitere Forderung: Die Schuldnerberatungsstellen besser dotieren.

Bei der Untersuchung in Zusammenarbeit mit den Marktforschern Gallup und Karmasin zur Kaufsuchtgefährdung, bei der tausend Personen ab 14 Jahren befragt wurden, wurde auf der Basis eines Indikators gearbeitet, der von der Universität Stuttgart-Hohenheim entwickelt wurde. Dieser beinhaltet einen Fragenkatalog, der das Ausmaß einen Gefährdung feststellen kann und auf Erfahrungswerten mit klinisch kaufsüchtigen Personen beruht. (ruz, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 21.12.2004)