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Neue "Talente" für Wien

Foto: APA/ÖBB
Was das Weichenstellen betrifft, sind die ÖBB für den Zentralbahnhof gerüstet. Computertechnik soll bei weniger Personal für mehr Sicherheit sorgen. Am Dienstag ging auch die neue Generation der Schnellbahn in Betrieb: Die "Talent"-Garnituren sind aber umstritten.

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Das erste Bauwerk für den Wiener Zentralbahnhof, der zwischen Süd- und Ostbahnhof errichtet werden soll, steht bereits: Das Zentralstellwerk Süd/Ost. Wenn der "Bahnhof Wien - Europa Mitte" errichtet wird, kann das Stellwerk gleich die neuen Aufgaben übernehmen und muss nicht mehr übersiedeln. Peter Klugar, Vorstandsdirektor der ab 2005 operativen ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG, präsentierte am Dienstag den Stellwerksbau samt Hightechkontrollraum.

Das Stellwerk an der Ostbahn war das letzte in Wien, das noch bis 2003 mit der alten Hebelsteuerung in Betrieb war. Jetzt ist das elektronische Stellwerk eines der modernsten in Österreich. Züge werden automatisch geleitet und über modernste Bildschirmtechnik kontrolliert. Durch diese Steuerungstechnik können auf gleichen Strecken mehr Züge in kürzeren Abständen unterwegs sein.

Allein im Bereich des Zent^ralstellwerkes Süd/Ost sind pro Tag 627 Züge unterwegs, werden 190 Waggons bei Verschubfahrten bewegt. Am dichtesten geht es im Bereich des Stellwerks Matzleinsdorf zu, wo Schnellbahnstammstrecke und Südbahn zusammenkommen: 914 Züge täglich und 520 Verschubfahrten werden hier abgewickelt.

Was für die ÖBB weitere Vorteile bringt: Die großen Stellwerke können mit weniger Personal bedient werden, und kleine, dezentrale Stellwerke konnten aufgelassen werden. 2005 wird noch Floridsdorf umgestellt.

161 neue Stellwerke

Insgesamt wurden bereits 123,8 Millionen Euro in die Erneuerung der Stellwerke investiert. Die Zahl der Mitarbeiter wurde gleichzeitig von 225 auf 76 reduziert. Österreichweit wurden 2004 rund 135 Millionen für Stellwerke und Zugsicherung ausgegeben. Weitere 177 Millionen flossen in andere Sicherheitsbereiche. 161 elektronische Stellwerke sind schon in Betrieb, die 384 mechanische/elektrische Anlagen ersetzt haben.

"Sicherstes Eisenbahnunternehmen Europas

Das erklärte Ziel Klugars: "Wir wollen das sicherste Eisenbahnunternehmen Europas werden." Derzeit sei man im Europavergleich "im guten Mittelfeld". In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Zugunfälle laut ÖBB-Angaben stark zurückgegangen. 2002 waren es in ganz Österreich 14, im Jahr 2003 nur noch acht und heuer (bis 30. November) vier. Nicht eingerechnet sind die Zusammenstöße auf Bahnübergängen. Hier sank die Zahl von 179 (2002) auf 134 (2003). Heuer waren es bis Ende November ebenfalls 134.

Die "Talent"-Premiere

Eine weitere Bahn-Innovation hatte am Dienstag am anderen Ende von Wien Premiere: Im Bahnhof Penzing startete auf der Vorortelinie S 45 erstmals eine Garnitur des Niederflurtriebwagens "Talent".

Der Innenraum des für 140 Stundenkilometer ausgelegten Fahrzeuges ist offen gestaltet. Es gibt Klimaanlage, die Sitze werden als "bequem" gepriesen, es gibt Luftfederung und Geräuschisolation.

Die allerersten "Talent"-Züge sind bereits seit einigen Monaten in Salzburg im Einsatz. Bis Jahresende werden nun im Wiener Raum zehn Garnituren den Betrieb aufnehmen. Bis Ende 2007 sollen weitere 20 Garnituren im gesamten Streckennetz der Wiener Schnellbahn unterwegs sein. Insgesamt wurden von den ÖBB bei der Firmengemeinschaft Bombardier/Elin 111 "Talent"-Triebwagen bestellt, die in mehreren Bundesländern eingesetzt werden.

Kritik von Behinderten

Die Freude an den neuen "Talent"-Garnituren ist allerdings keine allgemeine: Die österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR) kritisierte gar "eklatante Planungsfehler". Die Fahrzeuge selbst hätten keine Einstiegshilfe, und der Spalt zum Bahnsteig sei gefährlich groß, beklagte ÖAR-Generalsekretär Eduard Riha. Außerdem sei das WC für Rollstuhlfahrer zu klein und die Türöffner für sehbehinderte Menschen schwer zu finden. Für den Verein Bizeps ist Norwegen Vorbild: Dort seien Garnituren desselben Typs mit einem Hublift als Einstiegshilfe ausgestattet. (Roman David-Freihsl/DER STANDARD; Printausgabe, 22.12.2004)