Ein großes Thema wird im Jahr 2005 die Ratifizierung der EU-Verfassung. Zehn Staaten haben Referenden dazu angekündigt, darunter Frankreich für den Mai. Im besonders EU- und verfassungskritischen Vereinigten Königreich ist die Volksbefragung zwar erst für Anfang 2006 geplant, aber auch so droht bereits heuer das "Nein" eines Landes und damit einiges Kopfzerbrechen über die weitere Entwicklung der Union. Die Verfassung gilt als wichtiger Schritt in der weiteren Entwicklung der Union und als Basis für ein reibungsloses Funktionieren mit 25 oder mehr Mitgliedsländern.
EU
2005 im Zeichen von Geld, Verfassung und Erweiterung
Maßnahmen für "Lissabon-Ziele" im März - Finanzvorschau bis Juni - Erweiterungsverhandlungen mit Kroatien und Türkei
Brüssel - Das Jahr 2005 dürfte in der EU im Zeichen der
Verfassung, der langfristigen Finanzierung der Union, der Stärkung
der Wettbewerbsfähigkeit und der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
mit Kroatien und der Türkei stehen. Die neue EU-Kommission mit Benita
Ferrero-Waldner als Vertreterin Österreichs wird versuchen, Fuß zu
fassen. Den Vorsitz im EU-Ministerrat führen erst Luxemburg, dann das
Vereinigte Königreich. Österreichs Regierung bereitet sich seinen
EU-Vorsitz des ersten Halbjahres 2006 vor. Schon zum EU-Gipfel im März legt die EU-Kommission eine
Zwischenbewertung für den so genannten "Lissabon Prozess" vor, also
das im Jahr 2000 von der Union formulierte Ziel, bis 2010 die
wettbewerbsfähigste Wirtschaftszone der Welt zu werden. Zwar räumen
inzwischen alle Experten ein, dass Europa im Vergleich zu den USA
eher zurück fällt und bis 2010 keinesfalls Nummer eins sein kann,
doch will man vorerst kein neues Datum nennen, um nicht den wenigen
Schwung zu verlieren, der noch vorhanden ist. Es mangelt nicht an
gemeinsamen Zielen, dafür am Willen der Mitgliedsländer, schmerzliche
Strukturreformen, etwa am Arbeitsmarkt, durchzusetzen, um
wettbewerbsfähiger zu werden.
Budgetposten
Im Juni soll dann laut Fahrplan die politische Entscheidung über
den Finanzrahmen für die EU-Budgets der Jahre 2007 bis 2013 fallen.
Die Union steckt sich regelmäßig auf mehrere Jahre Obergrenzen für
die einzelnen Budgetposten Landwirtschaft, Strukturmittel für
benachteiligte Gebiete, Außenpolitik, Forschung, Verwaltung usw.
Diesmal ist der Verteilungskampf besonders hart, denn einige
Nettozahlerländer, darunter Österreich, wollen das EU-Budget mit
einem Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) der 25
Mitgliedsländer deckeln. Viele Nettoempfänger, darunter die meisten
der zehn neuen Mitgliedsländer, weisen hingegen auf den gestiegenen
Finanzbedarf hin, nicht nur wegen der Erweiterung um zehn arme
Staaten, sondern auch, weil die Union immer mehr gemeinsame Ziele
formuliert, etwa für Forschung oder Infrastruktur. Bis jetzt gilt
eine maximale Obergrenze der EU-Finanzen von 1,24 Prozent des BNE,
die tatsächlichen Ausgaben der Union lagen aber in den vergangenen
Jahren bei etwa einem Prozent.
Volksbefragung
Die Aufnahme neuer Staaten in die Union wird ebenfalls das ganze
Jahr die politische Diskussion in der Union begleiten. Im Frühjahr
soll der Startschuss mit Kroatien fallen, falls das Land voll und
ganz mit dem internationalen Strafgerichtshof kooperiert. Und am 3.
Oktober ist die Aufnahme von Verhandlungen mit der Türkei vorgesehen.
In einigen Ländern, darunter Österreich und Deutschland, gehen die
Wogen deshalb bereits hoch, in anderen hat die öffentliche Diskussion
noch nicht angefangen. Die große Frage, ob und wo die Union sich ihre
eigenen Grenzen ziehen soll, bleibt aber aktuell. (APA)