Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass in einer bestimmten Gegend eine Lawine abgeht? Wie viel Schaden kann entstehen, welche Maßnahmen kann man prophylaktisch ergreifen? Und wie hoch ist das Restrisiko, das man tolerieren würde?

Mit solchen Fragen beschäftigt sich die alpS GmbH, das "Zentrum für Naturgefahren Management", situiert in einem der Zentren von Naturgefahren, im alpinen Raum, genauer in Innsbruck. Die rund 40 wissenschaftlichen Mitarbeiter befassen sich mit Szenarien, die den Menschen und der Umwelt gefährlich werden können. Sie tun das in Form einer klassischen dreigeteilten Methode (siehe Wissen), die von der Erfassung bis zu Empfehlungen reicht. Sven Fuchs, Wissenstransfermanager der alpS, hat sich schon in der Schweiz auf das Problem von Lawinen in Siedlungsräumen spezialisiert und bleibt bei diesem Thema, um die Arbeitsweise des Zentrums zu veranschaulichen: "Da gibt es Gegenden, in denen statistisch gesehen alle 30 Jahre große Abgänge zu verzeichnen sind. Das wird durch Schneestand, Temperatur etc. variiert. Ferner verzeichnen wir das Schadenspotenzial: Wie stark ist das Tal besiedelt, wie sieht es mit Straßen aus, mit Verkehr am Wochenende?"

Auf die Analyse folgt die Bewertung: Wie viel Risiko ist zu viel, was kann man in Kauf nehmen? Und sind diese Fragen beantwortet, "dann kommt es zur Maßnahmenplanung, im konkreten Fall zu Schutzbauten." Das sei Risikomanagement im engeren Sinn, wobei der Ausdruck auch für den gesamten Zyklus gebraucht wird.

Ähnlich gehen die alpS-Mitarbeiter beim Thema "Stabilität von Hängen" vor. "Mit sämtlichen geotechnischen Methoden - seismischen, kartografischen, Luftbildauswertung - untersuchen wir, ob und wie schnell ein Hang in Bewegung ist." Dann verschaffen sie sich einen Überblick, wer alles gefährdet ist; durch instabile Hänge können ja auch Straßen, Geleise - oder etwa Stauanlagen in Mitleidenschaft gezogen werden. "In so einem Fall sitzen Anrainer, Stromerzeuger und Touristen in einem Boot: Alle haben Interesse daran, dass das Risiko minimiert wird." Man kann Drainagen legen, den Hang entwässern, Monitoring über die Zeit machen. "Und wenn sich der Boden nicht stabilisiert, muss man schlimmstenfalls Leute umsiedeln und Straßen verlegen."

Solche drastischen Maßnahmen sind schmerzhaft, aber nachvollziehbar - man denke an den Felssturz bei Schwaz in Tirol. Schwieriger fast scheint es, das Restrisiko wirklich als minimal zu sehen. "Wir erleben das", sagt Fuchs, "bei der Debatte um die Strahlung von Handys." Wen könne man schon davon überzeugen? Vielleicht Tom Standage, Wissenschaftsjournalist des Economist . "Ich glaube", sagte er unlängst, "dass die Strahlung harmlos ist. Diese Annahme kann leider nie letztgültig wissenschaftlich bewiesen werden." (mf/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10. 1. 2005)