Wien - Nationalratspräsident Andreas Khol (V) hofft auf eine politische Einigung über die neue Verfassung bis Ende 2005. "Sollte es bis 2006 gehen, ist es auch kein Malheur", meinte Khol bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Gleichzeitig ließ er durchblicken, dass es auch länger dauern könnte: Mit Abschluss des Österreich-Konvents am 28. Jänner sei der erste Schritt zur neuen Verfassung getan. "Wie lange der zweite, dritte und vierte Schritt, nämlich die politische Konsens-Bildung, wie viele Jahre das dauert, bleibt abzuwarten."

Dass die Arbeit an der neuen Verfassung im Endeffekt im Sand verlaufen könnte, wies Khol zurück: "Dass es in einer Schublade landet, glaube ich nicht." Schließlich hätten 70 weise Männer und Frauen eineinhalb Jahre lang den Text erarbeitet. "Jetzt zu sagen: 1. April, das ist nichts, kann keine Partei wirklich meinen."

Seiner eigenen Partei, der ÖVP, will Khol die Zustimmung zum Verfassungsentwurf des Konvents-Vorsitzenden Franz Fiedler empfehlen. Als Voraussetzung nennt Khol allerdings Änderungen in zwei Punkten: Die von Fiedler vorgeschlagene Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern müsse man "völlig neu verhandeln" und bei den Vorschlägen zur Schul- und Sicherheitsverwaltung seien noch "Retuschen" nötig (etwa ein Grundrecht auf Religionsunterricht).

Bei der Kompetenzverteilung kritisiert Khol, dass Fiedler zu viele Gesetzgebungskompetenzen von den Ländern zum Bund übertragen habe - beispielsweise die Raumordnung sowie Umwelt-, Gesundheits- und Energie-Wesen. Diese Aufteilung sei eine "Privatinitiative" Fiedlers gewesen, die durch den Konvent nicht gedeckt sei. Die Länder hätten damit nur noch "sehr wenig Substanz", findet Khol. Er will nun einen Reform-Vorschlag der Landeshauptleutekonferenz abwarten.

Die Kompetenzverteilung ist für Khol aber ohnehin nicht das "Herzstück" der Verfassungsreform: "Sollte es hier keine Einigung geben, dann wird man die derzeitigen Regelungen beibehalten müssen. Gegen die Landeshauptleute wird ein Beschluss nicht möglich sein." Wichtiger ist ihm beispielsweise ein kompakter Grundrechtskatalog. Zu den diesbezüglichen Vorschlägen Fiedlers kommt ein "völliges Ja" Khols.

"Die Krot bin ich bereit, zu schlucken"

Akzeptieren würde der VP-Chefverhandler im Konvent auch das Wahlalter 16 auf Gemeindeebene, wenngleich er die diesbezügliche Entscheidung lieber den Landesverfassungen überlassen hätte: "Die Krot bin ich bereit, zu schlucken." Im Vorschlag Fiedlers gebe es eine Reihe von Punkten, die er selbst nicht vorgeschlagen hätte, aber trotzdem akzeptiere: Beispielsweise den fehlenden Hinweis auf Südtirol in der Präambel, den "Justizrat" oder die Beibehaltung der vierjährigen Legislaturperiode.

Apropos Präambel: Hier war Khol ja ursprünglich für einen Gottesbezug eingetreten, der im Fiedler-Entwurf nicht vorkommt. Diesbezüglich kündigte Khol am Donnerstag an, einen entsprechenden Text-Vorschlag der Kirchen prüfen zu wollen, sollten sie einen vorlegen. (APA)