Wien - In der Vorwoche wurde eine Studie zum Umgang des Bundes Sozialdemokratischer Akademiker (BSA) mit den "braunen Flecken" der eigenen Vergangenheit vorgelegt. Wegen dieses Buches traten nun zwei prominente BSA-Mitglieder aus: Der frühere Wiener Bürgermeister und Nationalrats-Präsident Leopold Gratz und der langjährige Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung, Siegfried Sellitsch. Das berichtet der "Kurier" (Freitag-Ausgabe).

Das zentrale Ergebnis der Studie, die vom BSA in Auftrag gegeben wurde: Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es von Seiten der Sozialdemokratischen Akademiker ein massives Werben um ehemalige Nationalsozialisten. In der Regel wurde sogar von "allerhöchster Stelle" der Partei für ehemalige NSDAP-Mitglieder interveniert, um diesen die Reintegration in die Gesellschaft zu ermöglichen und ihnen angesehene Posten zu vermitteln.

Gratz, 17 Jahre selbst BSA-Präsident, findet das Buch allerdings "einseitig". Er habe nichts gegen die Aufarbeitung der Vergangenheit, aber das müsse "ehrlich" geschehen. Vieles in dem Buch stimme einfach nicht. Er zog nun die Konsequenzen: "Einer Organisation, die den von mir so verehrten Vorgänger Karl Waldbrunner so hinstellt, muss ich nicht angehören", wird er im "Kurier" zitiert. Der frühere Verstaatlichten-Minister Waldbrunner hat sich laut Studie neben Adolf Schärf, Bruno Pittermann und Christian Broda am massivsten für die "Karriereförderung" ehemaliger Nazis bemüht. Gratz hält dem entgegen, Pittermann habe "jede Menge Probleme gehabt, seine jüdische Frau über die NS-Zeit zu bringen". (APA)