Dass Mädchen für PC-Spiele nicht nur über Kosmetik und Kleider zu begeistern sind, haben zwei Programmiererinnen in den vergangenen Jahren gezeigt. Trotzdem - oder gerade deshalb - wurden ihre Firmen 1999 von den Riesen der Branche aufgekauft: Brenda Laurels "Purple Moon" von Mattel (El Segundo, US-Bundesstaat Kalifornien) und Janese Swansons "Girl Tech" von Radica (Hongkong).

Brenda Laurel, die sich als "Barbie-Hasserin" deklarierte, untersuchte von 1992 bis 1995, warum Mädchen die typischen PC-Spiele wie Monsterjagden oder Roboterschlachten ablehnen: Sie finden die "Shoot-and-run-Spiele" zu langweilig. "Mädchen haben kein Interesse daran, Tricks zu lernen, nur um später behaupten zu können, sie haben die höchste Punktzahl erreicht", sagt Laurel. "Sie sind mehr an Geschichten interessiert."

Mädchen an die Computertechnologie heranführen

Mit finanzieller Unterstützung von Microsoft-Mitgründer Paul Allen startete Laurel 1996 im Silicon Valley südlich von San Francisco das Unternehmen "Purple Moon", um Software für Mädchen zwischen acht und zwölf Jahren zu entwickeln. Sie kreierte "Rockett", die Heldin eines Computerspiels, in dem es darum geht, sich in einer neuen Schule zu recht zu finden.

"Unser Hauptziel war es, Mädchen an die Computertechnologie heranzuführen", sagt Laurel. Ihre Studie hat gezeigt, dass sich bereits vor dem zwölften Lebensjahr entscheidet, ob Kinder den Computer zu einem Teil ihres Lebens machen oder nicht. Auf spielerische Weise führt die "Purple Moon"-Webseite Mädchen in die Welt des Internet ein: Sie können virtuelle Postkarten verschicken oder Brieffreundinnen finden. Der Erfolg brachte auch gerade die Art der Vermarktung mit sich, die so gar nicht ins Bild der Anti-Barbie-Strategie passen wollte: "Purple Moon"-lip sticks oder "Purple Moon"-Puppen. Wie passend, dass "Purple Moon" letztlich von Mattel aufgekauft wurde.

Girl Tech

Vielschichtiger ist die Webseite von "Girl Tech": Die jungen Netzsurferinnen schreiben Geschichten, fragen eine Briefkastentante um Rat und erhalten Anleitungen für physikalische Versuche. In der Rubrik "Erfindungen" lernen sie Forscherinnen aus unterschiedlichen Jahrhunderten kennen.

Die "Girl Tech"-Seite macht die Mädchen auch mit der virtuellen Werbewelt vertraut: In jeder Rubrik, die man anklickt, erscheinen Bilder von "Gadgets", die Swanson speziell für Mädchen entwickelt hat: technischer Krimskrams wie das "Geheime Tagebuch", dessen Schloss sich nur öffnet, wenn die richtige Stimme das Passwort sagt.

Kritik

Grundtenor der Bestreben beider Programmiererinnen ist jedenfalls die Entwicklung von Spielräumen, die geschlechtsbewusst angelegt sind. Für die MIT-Wissenschafterin Justine Cassel liegt aber genau darin ein Problem. Die Ko-Autorin eines Buches über Geschlechter-Rollen und Computerspiele vertritt die Meinung, PC-Software sollte ein Spektrum von tausend Möglichkeiten bieten, in dem Mädchen ihren individuellen Platz finden. (APA/red)