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Walter Dorner, Chef der Wiener Ärztekammer

Foto: APA/ HARALD SCHNEIDER
Walter Dorner, Chef der Wiener Ärztekammer, sieht sich, nach allerlei Verwirrungen und Erregungen rund um Sigrid Pilz' Gastkommentar zur Ausbildungsmisere bei Turnusärzten ( Kommentar vom 18.1.: Warnsignale aus der Knochenmühle ) zu folgender Stellungnahme veranlasst:

Ich bin der Grünen-Abgeordneten Sigrid Pilz und dem STANDARD sehr dankbar, dass das Problem der schlechten Ausbildungsqualität für angehende Ärzte in den Wiener Spitälern ins Zentrum der Debatte gerückt wird. Hier geht es um ein Thema, das die künftige Gesundheitspolitik entscheidend mitbeeinflusst – die Ausbildung unserer jungen Kolleginnen und Kollegen! Wenn diese nicht das nötige Know-how erhalten, wird eine hochwertige und trotzdem kosteneffiziente Patientenversorgung in weite Ferne rücken.

Überlastet mit Bürokratie

Wie sehr die Turnusärzte darunter leiden, dass sie keine vernünftige Ausbildung erhalten und stattdessen mit berufsfremden Tätigkeiten und Bürokratie überlastet werden, ist allen Verantwortlichen seit langem bekannt, die Ärztekammer selbst weist seit Jahren immer wieder auf diese Missstände hin.

Hälfte der Arbeitszeit mit Administration und Dokumentation

Die Steirische Ärztekammer hat dazu auch eine Studie durchgeführt, die besagt, dass Turnusärzte fast die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit Administration und Dokumentation verbringen. Ausbildung ist keine "Holschuld" der Turnusärzte und auch nicht Sache anderer Berufsgruppen – daran ändern auch gegenteilige Behauptungen von Krankenhausträgern nichts.

Strukturelle Voraussetzungen

Schon seit der Entwicklung des ärztlichen Berufes im alten Griechenland war es die ureigene Aufgabe der Ärzte, ihren Nachwuchs selbst auszubilden – die nötigen strukturellen Voraussetzungen dafür haben allerdings die Spitalserhalter bereitzustellen. Dass dies nur im höchst unbefriedigenden Maße passiert, ist die Wurzel des Problems.

Wer diese Probleme leugnet oder Missstände verharmlost, wird wohl nichts zu einer Beseitigung derselben beitragen. Ein großer Teil der Spitäler des Krankenanstaltenverbundes verfügt seit 1994 tatsächlich über keine Ausbildungsberechtigung mehr. Auf Anregung der Wiener Ärztekammer wurden von den betreffenden Spitälern entsprechende Ansuchen um rückwirkende Zuerkennung von Ausbildungsberechtigungen gestellt. Diese Zuerkennung als reine Formsache darzustellen (Ärztekammer-Vizechefin Kogelbauer im STANDARD vom 21. 1., Anm. d. Red.), erscheint gewagt, zumal es darunter etliche Abteilungen gibt, deren Turnusärzte sich schon wiederholt bei der Ärztekammer über die schlechte Ausbildung beschwert haben. Jedes der Ansuchen wird von der Ausbildungskommission der Ärztekammer für Wien im Detail geprüft, und sollte sich die Ausbildungsqualität als ungenügend erweisen, wird keine Anerkennung ausgesprochen werden können.

Im Mittelpunkt jeder Debatte über Probleme im Krankenhaus hat das Patientenwohl zu stehen, daher hat uns allen die Ausbildungsqualität unserer zukünftigen Ärzte ein ganz zentrales Anliegen zu sein. (DER STANDARD Printausgabe 27.1.2005)