Wien - Das gesamtstaatliche Budgetdefizit für das Jahr 2004 wird voraussichtlich bei 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Diesen Wert hat Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) am Donnerstag in einer Pressekonferenz bekannt gegeben.

Ursprünglich veranschlagt waren 0,7 Prozent. Die Hälfte der Differenz zu den tatsächlich erreichten 1,3 Prozent geht laut Grasser zu Lasten des Bundes. Die andere Hälfte - ebenfalls 0,3 Prozentpunkte - haben Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen schlechter abgeschnitten.

Ausbleibende Steuereinnahmen

Auf Bundesseite ist für das schlechtere Ergebnis laut dem Finanzminister die Einnahmenseite verantwortlich. So blieben die Erträge aus der Umsatzsteuer um 850 Mio. Euro hinter den Erwartungen zurück, bei der Lohn- und der Einkommenssteuer musste der Finanzminister gegenüber den budgetierten Werten auf je 180 Mio. Euro verzichten.

Höhere Einnahmen hingegen konnte der Bund aus der Körperschaftssteuer (plus 170 Mio. Euro) und der Mineralölsteuer (plus 140 Mio. Euro) lukrieren.

Prognose für 2005 bestätigt

Für das laufende Jahr 2005 bleibt Grasser vorerst bei seiner Schätzung für das gesamtstaatliche Defizit von maximal 1,9 Prozent. Dazu beitragen solle auch ein "restriktiver Budgetvollzug". Er habe dem Ministerrat erst diese Woche berichtet, dass die Ermessensausgaben für die Ministerien auch in diesem Jahr vorerst um 3 Prozent - das entspricht etwa 200 Mio. Euro - gekürzt werden.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) bezeichnete die vorläufigen Daten für den Budgetvollzug 2004 am Donnerstag in seiner Pressekonferenz als "durchaus passables" Ergebnis. Er hob auch hervor, dass Österreich mit dem gesamtstaatlichen Defizit von 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts deutlich besser liege als der Durchschnitt in der Eurozone mit 2,9 Prozent. Größere Änderungen bis zur Vorlage der endgültigen Zahlen im Lauf der folgenden Monate erwarten Grasser und sein Staatssekretär Alfred Finz (V) nicht.

Vorläufige Zahlen von Länder und Gemeinden

"Das ist derzeit unser best guess", so der Minister. Finz ergänzte, seitens des Bundes sei bereits alles abgerechnet. Seitens der Länder und Gemeinden gebe es bisher aber nur vorläufige Zahlen.

In absoluten Zahlen hat der Bund laut den am Donnerstag präsentierten Daten im Vorjahr 2004 ein Defizit von 3,96 Milliarden Euro verzeichnet. Die Einnahmen lagen bei rund 63,1 Mrd. Euro, die Ausgaben bei 67,1 Mrd. Euro.

Der Zinsaufwand des Bundes hat 6,3 Mrd. Euro oder 2,7 Prozent des BIP betragen, die Schuldenquote lag Ende des Vorjahres bei 64,0 Prozent. Finz räumte dazu ein, dass die Staatsschuld in absoluten Zahlen in den vergangenen Jahren angesichts der laufenden Defizite gewachsen sei: "In absoluten Zahlen muss die Staatsschuld steigen. Aber gemessen am BIP haben wir eine rückläufige Tendenz."

Steuer und Abgabenquote bei 42,7 Prozent

Rückläufig seien auch die Staatsquoten, bei den Ausgaben ist laut Finz im Vorjahr ein Wert von 50,1 Prozent (nach 50,6 Prozent im Jahr 2005) erreicht worden, bei den Einnahmen einer von 48,8 Prozent (2003: 49,5 Prozent). Die Steuer- und Abgabenquote 2004 lag bei 42,7 Prozent (2003: 43,1 Prozent).

Als Ursache für die im Vergleich zum Voranschlag schlechteren Vollzug nannte Grasser die hinter den Erwartungen zurück gebliebenen Einnahmen. Der Minister begründete diesen Umstand damit, dass auch 2004 von der "wirtschaftlichen Verflachung" der vergangenen Jahre gekennzeichnet gewesen sei. Dazu kämen die Auswirkungen der Konjunkturbelebungspakete und des Vorziehens eines Teils der Steuerreform.

Umsatzsteuer blieb weit hinter Erwartungen

Bei den Steuern ist vor allem die Umsatzsteuer hinter den Erwartungen geblieben. Im Herbst hatte Grasser für dieses sich abzeichnende Ergebnis noch keine Erklärung gehabt. Jetzt begründete er den Rückgang mit "verstärkten Betrugsphänomenen". Dazu komme, dass der Privatkonsum noch nicht so stark angezogen habe wie erwartet. Konkret waren die Einnahmen aus der Umsatzsteuer mit 19,0 Mrd. Euro veranschlagt, geworden sind es dann 18,15 Mrd. Euro.

Das Minus von 180 Mio. Euro bei der Lohnsteuer (17,12 statt 17,3 Mrd. Euro) begründete der Minister mit dem Vorziehen der Steuerreform, das Ergebnis bei der Einkommenssteuer (2,82 Mrd. Euro statt 3,0 Mrd. Euro) mit der Investitionszuwachsprämie, die besser angenommen wurde als erwartet. Bei der Tabaksteuer musste Grasser auf 30 Mio. Euro (1,32 statt 1,35 Mrd. Euro) verzichten.

Offensichtlich sehr gute Gewinnsituation bei Unternehmen

Mehr eingenommen hat der Bund mit 4,47 Mrd. Euro statt 4,3 Mrd. Euro bei der Körperschaftssteuer - und das trotz der Investitionszuwachsprämie. Für Grasser ist das ein Hinweis auf eine "offensichtlich sehr gute Gewinnsituation" bei den Unternehmen.

Ein Plus gab es mit 3,59 Mrd. Euro statt 3,45 Mrd. Euro weiters bei der Mineralölsteuer. Dieses Plus sei geringer ausgefallen als erwartet. Der Minister betonte zudem, dass der Staatssäckel nicht von steigenden Preisen profitiere. Vielmehr handle es sich um eine Mengensteuer, und mehr verkauft worden sei, weil der Tanktourismus etwa aus Deutschland zugenommen habe.

Eine weitere wesentliche Veränderung gegenüber dem Voranschlag hat die Entschuldung des Irak gebracht, hier musste der Minister auf 260 Mio. Euro verzichten. Dafür hat er um 200 Mio. Euro mehr an Dividenden von ÖBB und Bundes-Wohnbaugesellschaften lukriert. Die Rückflüsse von der EU sind um 100 Mio. Euro höher ausgefallen als erwartet.

1,9 Prozent Defizit für 2005 geplant

Für den Budgetvollzug 2005 ist Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) zuversichtlich. Er strebt ein gesamtstaatliches Defizit von 1,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an.

Übermäßige Ausfälle erwartet er nicht, auch nicht durch die neue Gruppenbesteuerung, deren Kosten er mit 100 Mio. Euro veranschlagt hat. Diese 100 Mio. beruhten auf "sehr plausiblen Rechnungen" betonte er. Freilich sei davon auszugehen, dass die Steuerberater "an die Grenzen der Gestaltbarkeit" gehen werden. Und er räumte ein, dass auch die Investitionszuwachsprämie stärker angenommen wurde als erwartet und daher mehr Geld koste. (APA)