Wien - "Freiwillige vor", heißt es derzeit in Kärnten, der Steiermark und Teilen Salzburgs. Die Netztochter des Verbund, Austrian Power Grid (APG), hält Ausschau nach Unternehmen, die bereit sind, sich im Krisenfall vom Stromnetz abhängen zu lassen - gegen eine entsprechende Entschädigung natürlich.

Bisher habe sich noch kein Betrieb dazu bereit erklärt, "aber wir suchen weiter", sagte APG-Vorstand Heinz Kaupa am Freitag. Dies sei schon allein deshalb notwendig, weil sich die kritischen Situationen häuften.

Nord-Süd-Gefälle

Zwar habe Österreich zur Zeit noch genug Eigenerzeugung, um den Strombedarf zu decken. Das Problem sei die extreme Ungleichverteilung, sagte Kaupa. Im Norden Österreichs wird wesentlich mehr Strom erzeugt als lokal benötigt wird; im Süden des Landes hingegen ist der Strombedarf wesentlich größer als die örtlichen Kraftwerke leisten. Gäbe es entsprechende Leitungskapazitäten, könnte der überschüssige Strom vom Norden in den Süden gelangen, "und wir hätten kein Problem, sagte Kaupa. Die Leitung aber gibt es trotz jahrzehntelanger Diskussion noch immer nicht.

Bei der APG ist man jedoch guter Dinge, dass jetzt etwas weiter geht. Kaupa erwartet den noch ausständigen Bescheid des Landes Steiermark zum Bau der 380 kV-Leitung Ende März; trotz zu erwartender Einsprüche sollte ein positiver Bescheid Zweiter Instanz noch heuer möglich sein.

Glühende Drähte

Allerdings sei klar, dass die Starkstromleitung nicht mehr 2006, sondern erst in den Folgejahren in Betrieb gehen könne. Bis dorthin sei die APG gefordert, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Stabilität des Stromnetzes trotz glühender Drähte aufrechtzuerhalten - notfalls eben auch durch programmierte Netzabschaltungen. Bereits im Vorjahr seien der APG durch Zuschaltung ansonsten nicht rentabler Kraftwerke, Einbindung von Kraftwerken der ÖBB und Einsatz anderer Instrumente des Engpassmanagements Kosten von zehn Mio. Euro entstanden. Heuer dürften es 18 Mio. Euro werden.

Aufgrund des weiter steigenden Strombedarfs werde Österreich trotz Ausbaus der Ökoenergie um den Bau neuer Kraftwerke nicht herumkommen, sagte Kaupa. Er verwies auf eine Studie der TU Wien, wonach im Jahr 2015 etwa 3000 MW fehlen. Das entspricht 17 Kraftwerken in der Größenordnung Freudenau. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.1.2005)