Grafik: Für wen die Sozialausgaben verwendet werden.
Grafik: Standard

Die Vermögen in Österreich wachsen rasant, die Einkommen sinken kontinuierlich. Frauen verdienen noch immer um ein Drittel weniger als Männer. Das zeigt der Bericht zur sozialen Lage. Immer mehr ÖsterreicherInnen sind von Armut bedroht - von den Alleinerziehenden jede Dritte.


Wien - Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Die Vermögensanteile in Österreich "wachsen rasant", die Lohnquote "fällt kontinuierlich". Die Zahl der Armutsgefährdeten ist von 2000 bis 2002 von 12 auf 13,2 Prozent gestiegen, damit ist jeder achte Österreicher armutsgefährdet, bei den Alleinerziehenden ist es gleich ein Drittel. Frauen verdienen im Schnitt noch immer um ein Drittel weniger als Männer.

So sieht die soziale Lage der Nation aus - nachzulesen im "Bericht über die soziale Lage 2003 - 2004", der von Sozialministerin Ursula Haubner und Staatssekretär Sigisbert Dolinschek (beide FP) am Donnerstag präsentiert wurde.

Unter der Armutsschwelle liegt, wer weniger als 60 Prozent des "Medianeinkommens", einem Durchschnittswert, zur Verfügung hat - 785 Euro im Monat. Die Quote von 13,2 Prozent (1,044.000 Betroffenen) ist im EU-Vergleich laut Studie "relativ niedrig".

AlleinerzieherInnen gefährdet

Das höchste Armutsgefährdungsrisiko haben Haushalte von Alleinerziehenden - ein Drittel davon ist armutsgefährdet. Auch Familien mit mehr als drei Kindern (21 Prozent) sowie Migrantenfamilien (27 Prozent) haben ein erhöhtes Risiko, von Armut bedroht zu werden, ebenso 19 Prozent der Arbeitslosen. Außerdem sind mehr Frauen als Männer armutsgefährdet.

Lohnschere

"Armut von Kindern kann durch Frauenerwerbstätigkeit wesentlich verhindert werden", erklärt Studien-Mitautor und Wifo-Experte Markus Marterbauer im STANDARD-Gespräch. Auch die Schere zwischen den Geschlechtereinkommen "schließt sich kaum". Das durchschnittliche Fraueneinkommen betrug 2002 nur 67,2 Prozent des Männereinkommens. Der Einkommensnachteil ist aber nur zum Teil durch die höhere Teilzeitrate, die laut Studie "zum Teil selbst Resultat geschlechtsspezifischer Diskriminierungen" ist, erklärbar.

Generell gebe es bei den Einkommen der Unselbständigen eine "Tendenz zur Auseinanderentwicklung. Die Schere zwischen hohen Gehältern und niedrigen öffnet sich weiter", so Marterbauer.

Vermögensverteilung

Große Schieflagen zeigt auch die Vermögensverteilung: Den reichsten zehn Prozent der Gesamtbevölkerung (6 Millionen ohne Kinder) gehörten 2002 mehr als zwei Drittel des Gesamtvermögens (944 Milliarden Euro an Geld, Immobilien, Unternehmen), den unteren 90 Prozent indes nur ein knappes Drittel.

Als durchschnittliches Gesamtvermögen pro Kopf ergibt das für das reichste Prozent der Bevölkerung - das sind laut Bericht 60.000 Personen - 5,4 Millionen Euro. Deren Pro-Kopf-Vermögen beträgt damit fast das Hundertfache der unteren 90 Prozent, die im Durchschnitt 56.000 Euro an Vermögenswerten besitzen.

Haubners Resümee: "Dort, wo die Politik Einfluss nehmen konnte, haben wir alles getan, was wir konnten." (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 4.2. 2005)