Innenraum - genutzt

Public Netbase

Außenansicht - zugesperrt

Public Netbase
In der Burggasse 21 werden Kisten gepackt und der ohnehin fragile Kabelsalat zur weiteren Verwendung entwirrt. Seit Sommer letzten Jahres mussten wesentliche Teile des Medienangebots suspendiert werden: die kostenlose Bereitstellung von Infrastruktur, Seminar- und Workshopangebote oder das Web- und Mailservice für mehr als tausend Mitglieder: Einzelpersonen, Projekte und Vereine. Public Netbase wurde somit auf seine Projekttätigkeit reduziert: waren 1999/2000 noch fünfundzwanzig MitarbeiterInnen beschäftigt, sind es nunmehr fünf Personen, die u.a. ein EU-Projekt mit indischen PartnerInnen fortsetzen oder ihre politischen Handlungen im Rahmen der Maßnahme "Österreich-2005" positionieren.

Öffentlicher Raum
Eine Vielzahl an InteressentInnen konnte erst in den Baustellenräumen im Museumsquartier und später in der mäßig tauglichen Zwischenlösung in der Burggasse die Annehmlichkeiten einer materiellen Schnittstelle zwischen Politik, Technik und Kultur wahrnehmen. Angebote an KünstlerInnen, MigrantInnen und Jugendliche wurden neben Kontakten zur internationalen Medienszene etabliert. Obgleich im Jahr 2004 bereits erhebliche Einsparungen getroffen werden mussten, konnten mehr als eintausend Unterrichts- und Betreuungsstunden für etwa zweihundertfünfzig TeilnehmerInnen, hunderte Unterstützungsleistungen bei technischen und inhaltlichen Fragen und Events mit tausenden BesucherInnen realisiert werden.

Kulturpolitische Auseinandersetzungen
Martin Wassermair, Geschäftsführer von Public Netbase, betont die Differenz zwischen Bundespolitik - die nach dem Regierungswechsel im Februar 2000 die Vereinbarungen mit dem Institut löste - und der Wiener Stadtregierung, die sich bereits in der Frage des Verbleibs bzw. Wiedereinzugs ins Museumsquartier auf Seiten der Internetplattform positioniert hatte. Konkret nahm die schwarz-blaue Regierung Budgetkürzungen bei der kritischen Initiative vor, mittlerweile ist die Finanzierung des Bundeskanzleramtes bei Null angelangt. Bereits 1998 lancierte die FPÖ einen Kinderpornographievorwurf, der an einen Public Netbase Symposiumsbeitrag zu feministischen Perspektiven auf Pornographie und Internetentwicklung anknüpfte und völlig gegenstandslos wieder verhallte. Martin Wassermair erwähnt Finanzierungsverschleppungen, eine offensichtlich politisch motivierte, überaus kostspielige Wirtschaftsprüfung und spricht von einer nationalkonservative Wende in der kulturpolitische Orientierung der Bundesregierung. Dahingehende Maßnahmen erschweren seit Jahren das Bestehen.

Die Rolle der Stadt Wien
Vorab kompensierte die Stadt Wien Ausfälle der Bundesunterstützungen. Zahlreiche ProponentInnen der Stadtverwaltung und letztlich per Beschluss die gesamte Stadtregierung unterstützten das Vorhaben, die Initiative mittelfristig finanziell zu konsolidieren und in Wien ein Zentrum neuer Netzkultur zu etablieren. Im Zukunftsprogramm der SPÖ Wien "Wiener Visionen 2010" (Stand der Diskussion: 12.9.2000) widmen sich die Seiten 58 und 59 dem Thema Netzkultur: "Wien definiert den Begriff 'Kultur für alle' neu und begegnet damit der zunehmenden Vermischung der Rollen von ProduzentInnen, RezipientInnen und KonsumentInnen. Im Vordergrund steht dabei die aktive Komponente von Kunst und Kultur sowie eine nachhaltige Förderung alles Produzierenden. Wien wird Zentrum einer neuen Netzkultur." Dahingehende Vereinbarungen sind zwar bis heute aufrecht, allerdings wurden keine konkreten Schritte seitens der Stadtregierung unternommen. Förderungen des Kulturamtes wurden in bestehender Höhe eingefroren, das Ressort Jugend und Bildung nahm von 2003 auf 2004 65prozentige Kürzungen vor. In Summe wurde in den letzten achtzehn Monaten die städtische Finanzierung verringert, weshalb die Schließung der Liegenschaft notwendig wurde und Zweifel an der Unterstützung des politischen Projekts größer werden.

Politische Aktivitäten Aufgrund der als reaktionär beurteilten Entwicklungen organisierte Public Netbase die "AUSTRIAN WEB RESISTANCE AWARDS 2000", der 1. Preis ging an den Medien Unabhängigen Nachrichten Dienst (MUND). Anlässlich des Gedanken- und Jubiläumsjahrs 2005 wurde die Plattform "Österreich-2005" gemeinsam mit IG Kultur, HOSI Wien, WissenschafterInnen und KünstlerInnen initiiert und ein Österreichquiz unter dem Titel: "Patriotismus oder Vaterlandsverrat" gestartet. In einem offenen Brief an Bürgermeister Michael Häupl forderten zahlreiche AkteurInnen und internationale FreundInnen von der Stadtregierung ausreichende Unterstützungsleistungen für Public Netbase. Die beinahe tägliche Kommunikation mit Gemeinderatsmitgliedern und Regierungsverantwortlichen nährt für die Plattform die Hoffnung: "dass der Triumpf der blau-schwarzen Kulturpolitik, diese kritische Netzkultur-Institution vorläufig zum Schweigen gebracht zu haben, nicht schon im Jahr 2005 ein endgültiger ist." (Heide Hammer)