Meine Fachbereichsarbeit ist bis auf den Feinschliff vollendet, mein Prüfer ist zufrieden, und mein Semesterzeugnis sieht rosig aus - selbst Professorin Chemie und Professor Physik haben mir mittelmäßige Noten geschenkt. Das große Aufatmen beginnt, die Achte ist so gut wie erledigt.Und doch bedeuten mir die Worte "Mai" und "Juni" mehr als die erfreuliche Nachricht des nahenden Sommers. Denn ich habe das Gefühl, dass sich auf Samtkätzchenpfoten, still und leise, die nächste Maturahürde auf mich zuschleicht. Der kleine Pessimist auf meiner rechten Schulter prophezeit den vernichtenden Sturm nach der erlösenden Ruhe; der kleine Epikur auf meiner linken überredet mich, die besagte Ruhe lustvoll zu nutzen. Ich werde also dem pädagogischen Rat folgen und drei Tage der Ferien nichts für die Schule tun. Kein Buch aufschlagen, keine Gehirnzelle beanspruchen, keinen Finger rühren. Doch dann drängt sich die Frage auf: Zählen Angstanfälle, Momente irrationaler Gleichgültigkeit und Löcher, die in ein leeres Word-Dokument gestarrt werden, wo geistige Mathe-Ergüsse stehen sollten, auch zu "nichts tun"? Pädagogen dieser Welt, helft uns! (DER STANDARD-Printausgabe, 8.2.2005)