Netzpolitik
Innenministerium lässt Open-Source-Papier verschwinden
Ist positive Studie über Linux "höheren Stellen" nicht genehm?
Eine im eigenen Haus erstellte Analyse zum Einsatz freier Software in der Bundesverwaltung war höheren
Stellen des Bundesinnenministeriums offenbar nicht genehm, berichtet Heise. Das Dokument, in dem die eigenen Experten
das große Einsparpotential und die Sicherheitsvorteile im Vergleich zu proprietärer Software aufzeigen, ist
auf Weisung "von oben" aus dem Internet verschwunden.
Vergangene Woche hatte die Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für
Informationstechnik in der Bundesverwaltung (
KBSt
) ihren KBSt-Brief 2/2000 mit dem Titel "Open Source
Software in der Bundesverwaltung" im Internet zugänglich gemacht. Die KBSt untersteht dem
Bundesinnenministerium (BMI); ihre Briefe dienen dazu, anderen Bundesbehörden Orientierung über
Entwicklungen und Erfahrungen auf dem Gebiet der EDV zu geben.
Nachdem heise online über den Brief
berichtet
hatte, wurde der Text vom KBSt-Server genommen,
tauchte Anfang dieser Woche noch einmal auf und ist nun offenbar endgültig verschwunden. Roger Kiel,
Sprecher des Innenministeriums, bestätigte auf Nachfrage von c't, dass der KBSt-Brief auf Weisung des
Ministeriums von dem öffentlichen Server entfernt worden ist. Das Papier sei lediglich für den internen
Gebrauch und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen, sagte Kiel. Die Prüfung des Einsatzes von
Open-Source-Software in der Bundesverwaltung sei noch nicht abgeschlossen.
Nun findet sich die Veröffentlichung zwar immer noch in der
Liste
der KBSt-Briefe, der Link führt jedoch
ins Leere, während alle anderen KBSt-Briefe seit 1997 weiterhin zugänglich sind.
Die Idee, den Einsatz von Open-Source-Software als mögliche Alternative zu kommerzieller Software in
der Verwaltung zu prüfen, hatte in Fachkreisen breite Zustimmung gefunden. Daniel Riek, Vorstandsmitglied
des Linux-Verbandes LiVe, äußerte sein Bedauern über die Entscheidung des Ministeriums. Der
Linux-Verband propagiere schon seit längerem den Einsatz von Open-Source-Software und wünsche sich
eine breite öffentliche Diskussion über dieses Thema. "Der KBSt-Brief nennt mit den Kosten und
Sicherheitsvorteilen die Kernargumente, die auch nach unserer Einschätzung für den Einsatz von
Open-Source-Software sprechen", sagte Riek zu c't. (heise)