Wien - Die Zahl von Opfern familiärer Gewalt in Wien steigt, die Betreuungskapazität für diese Menschen stößt damit immer mehr an ihre Grenzen. Davor warnte die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie am Freitag in einer Aussendung. "Im Jahr 2004 wurden uns von der Wiener Polizei 2.490 Fälle familiärer Gewalt zur Betreuung überwiesen, seit 2001 haben wir eine Steigerung von mehr als 100 Prozent zu verzeichnen", sagte Rosa Logar, Geschäftsführerin der Interventionsstelle.

"Für die Betreuung stehen aber leider nur sieben Mitarbeiterinnen zur Verfügung. Aus diesem Grund können seit Juni die Opfer aus sieben Wiener Gemeindebezirken nicht mehr betreut werden", betonte Logar. "Die zuständigen MinisterInnen haben uns vergangenes Jahr versprochen, dass die Mittel für 2005 erhöht werden. Es muss unser Ziel sein, wieder alle Opfer betreuen zu können, denn Gewalt in der Familie richtet enormen seelischen, sozialen aber auch ökonomischen Schaden an." Bisher habe die Stelle aber nicht erfahren, wie hoch das Budget sei. Lediglich aus den Medien hat die Institution sogar weniger Mittel als öffentlich zugesagt erhalten wird," zeigte sich Logar enttäuscht.

Die Interventionsstellen in ganz Österreich betreuen Opfer von Gewalt nach polizeilichen Interventionen. Rund 95 Prozent der Opfer sind Frauen, die von ihren Ehemännern, Partnern oder einem anderen männlichen Angehörigen misshandelt wurden. In 70 Prozent der Fälle sind auch die Kinder von der Gewalt betroffen.

Fälle von Gewalt in der Familie in den vergangenen Jahren - von der Wiener Polizei an die Wiener Interventionsstelle zur Betreuung überwiesen:

1998: 188
1999: 548
2000: 949
2001: 1.086
2002: 1.503
2003: 2.178
2004: 2.490

Frauenstadträtin Wehsely "empört" über Rauch-Kallat

Auch die Wiener Frauenstadträtin Sonja Wehsely (S) zeigte sich am Freitag "empört" über die Ankündigung von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (V), die Interventionsstellen gegen familiäre Gewalt heuer nur mit 1,72 Mio. Euro zu bedecken. Sie hätte immer 1,83 Mio. Euro zugesagt, was bedeute, dass in Zukunft wohl wieder sieben der dreiundzwanzig Wiener Bezirke ohne Interventionsstelle auskommen müssten.

Dies sei "ein weiterer Beweis, dass die Frauenministerin nicht weiß, wo die echten Probleme der Frauen liegen", so Wehsely zur APA. Die Interventionsstellen seien durch ein Bundesgesetz normiert, weshalb Wien nicht in die Finanzlücke einspringen könne und wolle. Dennoch hätten die geringen Mittel bereits 2004 dazu geführt, dass fünf Wiener Bezirke ohne die Einrichtungen auskommen mussten. Allerdings hätte Rauch-Kallat immer 1,83 Mio. Euro für heuer in Aussicht gestellt.

Steigerung ohne Auswirkung

Zwar stelle die nun genannte Summe von 1,72 Mio. Euro eine minimale Steigerung von 0,02 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr dar. Dennoch sei zu befürchten, dass in Hinkunft sieben Bezirke ohne Interventionsstelle auskommen müssten.

Dabei hätte die Ministerin auch "die Verantwortung, ihre Versprechen einzuhalten". Wirklich notwendig für eine flächendeckende Versorgung seien zwei Mio. Euro - "dies sollte es dem Bund Wert sein", meinte Wehsely. Aber leider könne durch die Unterfinanzierung ein an sich vorbildliches Gesetz nicht vollzogen werden, bedauerte die Frauenstadträtin. (APA/red)