Finanzrechtler Doralt: "Grasser hat den Betrieb der Homepage für seine Zwecke akzeptiert und gewollt, er hat sich den Werbeeffekt gefallen lassen und war damit selbstverständlich bereichert, genauso wie auch der Verein wollte, dass Grasser aus der Homepage den Nutzen zieht."

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Wien - Falsch entschieden hat die Staatsanwaltschaft nach Ansicht des Finanzrechtlers Werner Doralt in der Homepage-Affäre um Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V). Der Minister sei sehr wohl schenkungssteuerpflichtig, so Doralt in einer der APA am Dienstag übermittelten Stellungnahme. Doralt: "Grasser hat zwar vielleicht nicht über das Geld und auch nicht über die Erstellung der Homepage verfügt, er hat sie aber sehr wohl für seine Zwecke genutzt."

Staatsanwaltschaft liegt "falsch"

Die "Behauptung" der Staatsanwaltschaft, Grasser unterliege nicht der Schenkungssteuer, weil er über die Zuwendung der Industriellenvereinigung bei der Erstellung der Homepage nicht verfügen habe können, ist laut Doralt "falsch". Entgegen der Staatsanwaltschaft sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und ständiger Verwaltungspraxis auch die Nutzung eines Wirtschaftsgutes schenkungssteuerpflichtig, etwa wenn ein Autohändler einem Politiker ein Auto unentgeltlich zur Nutzung überlasse.

"Zumindest stillschweigendes Einverständnis"

Bei Grasser ist diese Nutzung nach Ansicht Doralts gegeben: "Der Minister hat zumindest sein stillschweigendes Einverständnis für den Betrieb der Homepage gegeben, er hat seine persönlichen Daten und seine privaten Fotos dem Verein zum Betrieb der Homepage überlassen, und er hat die Homepage auch ausdrücklich selbst genutzt, wenn er zB. Autogramme an die User verschickt hat." Und weiter: "Grasser hat den Betrieb der Homepage für seine Zwecke akzeptiert und gewollt, er hat sich den Werbeeffekt gefallen lassen und war damit selbstverständlich bereichert, genauso wie auch der Verein wollte, dass Grasser aus der Homepage den Nutzen zieht."

Schenkungssteuerpflicht bleibt gleich

Klar ist für Doralt: "Ob der Finanzminister Eigentümer der Homepage ist oder sie für seine Zwecke nur nutzt, in beiden Fällen kommt es zur Schenkungssteuer. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft erfolgte in offenkundiger Unkenntnis der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und der ständigen Verwaltungspraxis." (APA)