Klaus Albrecht Schröder

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Von Coolness keine Spur mehr: Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder, seit dem erst nachträglich vom Bundesdenkmalamt genehmigten Transport von Dürer-Meisterwerken nach Madrid unter Druck, meinte Montagnacht in Treffpunkt Kultur , er glaube nicht, "dass mich eine Schuld trifft". Eine der erfahrensten Speditionsfirmen, die Kunsttrans, sei mit der Durchführung des Transports beauftragt worden - "auch hinsichtlich seiner notwendigen Genehmigungen".

Wenn Schröder die Dürer-Blätter nicht vorsätzlich ohne die Genehmigung des Bundesdenkmalamts ausgeführt hat, sondern in gutem Glauben an die Verlässlichkeit der beauftragten Spedition, ist er laut Heinz Mayer vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien "nicht strafbar". Mit dem argumentativen Hakenschlag, die Beschaffung der Bescheide sei Teil der Kunsttrans-Arbeit gewesen, sei Schröder daher "gut beraten", so Mayer gegenüber der APA.

Die Anträge auf Ausfuhrgenehmigungen nicht selbst einzubringen, sondern das Transportunternehmen damit zu beauftragen, ist in vielen Museen Praxis. Das Antragsformular muss allerdings vom Museum unterschrieben sein, und der Bescheid ergeht an beide Seiten, so Eva-Maria Höhle, Generalkonservatorin des Denkmalamts. Höhle schließt daraus, dass die Letztverantwortung für die Ausfuhr beim Museum liege. Denn, so Klaus Pokorny, Pressesprecher der Österreichischen Galerie: "Der Depotverwalter wird die Werke nur reisen lassen, wenn es eine Genehmigung gibt."

Der erste Transport nach Madrid wurde aber abgefertigt, ohne dem Denkmalamt auch nur die Möglichkeit zur Prüfung zu geben: Als man den Antrag in Händen hielt, waren 57 Werke, darunter der Feldhase, bereits außer Landes.

Dienstagabend nahm Kunsttrans die Schuld auf sich - und bedauerte in einer Stellungnahme die entstandenen "Probleme", weil man die Bewilligung "als Formalakt eingestuft" habe. Der Antrag sei wie üblich kurz vor dem Transport gestellt worden, da die Praxis erwiesen habe, dass aus konservatorischen Gründen oft noch äußerst kurzfristig Änderungswünsche seitens des Leihgebers oder des Leihnehmers geäußert werden. Seitens des Bundesdenkmalamtes würden deshalb diese Genehmigungsbescheide in der Regel umgehend erledigt.

Schröder hatte die Kunsttrans am 18. Jänner mit dem Transport und der Abwicklung beauftragt hat. Doch bereits im Juni 2004 stand die Liste mit den rund 90 Kunstwerken, die nach Madrid gehen sollten, fest. Und der Vertrag wurde im November 2004 unterzeichnet. Schröder verkaufte mithin das Fell des Hasen, bevor er diesen erlegt hatte: Er hätte schon vor Vertragsabschluss beim Denkmalamt eine grundsätzliche Zustimmung zur Ausfuhr einholen müssen. So äußerte sich auch Bildungsministerin Elisabeth Gehrer.

Das Bundesdenkmalamt wurde aber nicht eingeschaltet. Vielleicht, weil in den letzten Jahren tatsächlich nie ein negativer Bescheid ausgestellt wurde. Beziehungsweise weil die 1971 erstellte Liste mit rund 110 Kunstwerken, die nicht ausgeführt werden dürfen, vom Bildungsministerium im Zuge der Bundesmuseenausgliederung für nichtig erklärt worden war. Anlassfall war der Wunsch von Wilfried Seipel, Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, die Malkunst von Vermeer nach Japan zu entsenden. Und so geschah es auch. Seipel führt ins Treffen, dass die Verleihung die Restaurierung des Bildes finanziert habe. Es sei also transportfähig gemacht worden. Daher kann die Malkunst nun auch nach Den Haag verliehen werden. Im Gegensatz zu 1996, als das Mauritshuis eine außerordentliche Vermeer-Retrospektive mit 22 von insgesamt 35 gesicherten Werken des Malers aus Delft organisierte. Die Malkunst wurde damals aus konservatorischen Gründen nicht verliehen. Die Niederländer waren aber, wie man erzählt, ziemlich erbost, als der Vermeer plötzlich doch reisefähig war. Die Einzelpräsentation der Malkunst ist nun ein Akt der Wiedergutmachung: Um politische Konflikte zu vermeiden, dürfte das Denkmalamt keine Einwände vorbringen.

Dennoch können die Direktoren nicht von Haus aus annehmen, dass sie die Kunstwerke, die den Museen vom Staat bloß geliehen wurden, nach Belieben verleihen dürfen. Schröder musste wissen, dass die vier Dürer-Blätter Großes Rasenstück, Feldhase, Blaurackenflügel und Tote Blauracke Österreichs international bekanntester Kunstbesitz sind. Um der Verleihtätigkeit der letzten Jahre Einhalt zu gebieten, beauftragte Gehrer das Denkmalamt nun, so Höhle, eine neue Liste mit Kunstwerken, die nicht ausgeführt werden dürfen, zu erstellen.

Im Bundesdenkmalamt gab es am Dienstag eine ziemlich andauernde Sitzung - ohne Ergebnis. Überlegt worden sein dürfte, ob der neue, nachträglich erstellte Bescheid aufrechterhalten werden soll. Denn das Große Rasenstück, Teil des zweiten Transportes, durfte Wien nicht verlassen. Und vier weitere Werke dürfen nicht drei Monate, sondern nur vier Wochen lang gezeigt werden.

Das Museo del Prado aber verlangt von der Albertina die Einhaltung des Vertrags: Ausverhandelt wurde die Leihgabe von 87 Originalwerken für die Ausstellung von 8. März bis 29. Mai. Man besteht natürlich auch auf dem Großen Rasenstück und hofft, dass in Österreich eine Einigung im Sinne der Vertragsbedingungen erzielt werde. Denn der Feldhase ziert das Cover des Kataloges, und beworben wird die Schau mit dem Blaurackenflügel.

Dass der Prado auf die Originale besteht, bezeichnete Schröder in Treffpunkt Kultur als "schwierige, ernste Situation". Denn wenn die Albertina vertragsbrüchig werden muss, dürfte nicht nur der Direktor seine Seriosität als Geschäftsmann verloren haben, es dürfte auch eine Pönale fällig werden. Und sobald etwa durch Schadensersatzforderungen seitens des Prado ein Vermögensnachteil für die Republik entstünde, weil Schröder wissentlich seine Befugnisse überschritten hat, stehe er, meint der Jurist Peter Warta, unter dem Verdacht, sich des Verbrechens der Untreue strafbar gemacht zu haben. Aber das dicke Ende folgt erst: Da das Denkmalamt den Dürer-Blättern nach Madrid eine fünfjährige Ruhepause verordnete, kann man gegenwärtig, wie selbst Schröder einbekennen musste, "nicht davon ausgehen, dass die Ausstellung in Washington stattfinden kann", die Anfang Oktober in der National Gallery, einem wichtigen Leihgeber der Albertina, eröffnet werden sollte. (Thomas Trenkler/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. 3. 2005)