Den Umfang eines Hühnerstalls, die Chance, beim Lotto zu gewinnen, der Prozentsatz roter Autos auf der Autobahn - all das lässt sich mathematisch berechnen und praxisnah uns Schülern vermitteln. Trotzdem muss man Mathematik als zu komplex und theoretisch von der Liste der beliebten Schulfächer streichen. Die Tatsache, dass sie überall drinnen steckt, mag jeder Matheverdrossene anerkennen. Dennoch: Nicht alles was praktisch anwendbar ist, ist interessant. Will man Schüler ernsthaft für Mathematik begeistern, muss die Faszination für die hohe Kunst erst einmal geweckt werden. Wie etwa natürliche Zerfallsprozesse mit der Euler'schen Zahl zusammenhängen oder die Vorstellungen einer vierten Dimension, mit der man kommunizieren kann. Das gelingt aber sicher nicht durch mehr Mathestunden. Man sollte einfach das bis zum Exzess betriebene Differenzialrechen eindämmen und uns Schülern die Mathematik als Naturwissenschaft und nicht nur als plumpe Praxis präsentieren. Das könnte den Frust vertreiben. (Julia Grillmayr/DER STANDARD-Printausgabe, 8.3.2005)