Durchforstet man die junge, heimische Designszene, betritt man zwar ein Gebiet emsigen Gestaltens, bei genauerem Hinschauen wächst sich dieses streckenweise jedoch zum tränenreichen Jammertal aus: Zu wenige Aufträge, zu wenig Geld, zu wenig Anerkennung, zu wenig Presse, bitterböse Halsabschneider-Produzenten und so weiter tönt es dort. Dabei könnte es so einfach sein: Man nehme einen fetzigen Sesselprototyp, packe ihn ins Auto, fahre damit auf die Mailänder Möbelmesse, sozusagen das Designer-Walhalla, und falle den wichtigsten Herrschaften so lange lästig, bis diese den ersehnten Kontrakt unterzeichnen.

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"Das ist eigentlich ganz easy", sagt Designer Christoph Katzler, der gemeinsam mit Sven Jonke und Nikola Radeljovic das Designteam "For Use" bildet. Giulio Cappellini höchstpersönlich war es, dem die drei im April 1998 derart auf die Pelle rückten, bis dieser endlich kam, sah und unterschrieb. Inzwischen wurde dem ehemaligen Superspürhund der Szene der Zampano-Titel nach dem Einstieg des Unternehmens Poltrona-Frau aberkannt, und unterschreiben darf er angeblich gar nichts mehr. Doch das Ende von Cappellini ist nicht das Ende der Designwelt.

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Mittlerweile finden sich in den Unterlagen der "For Use"-Möbelmacher Verträge mit Topfirmen wie Magis, Zanotta oder Interlübke. "Weil's auch dort nicht wirklich schwer war, an die richtigen Leute ranzukommen", wie "For Use" berichten. Also alles in Butter, Herr Katzler? Denkste! Der gelernte Tischler und Absolvent der Universität für angewandte Kunst ortet Probleme in Sachen Bilderbuchkarriere unter anderem in falsch interpretierten Kundenbedürfnissen, in zu hohen Verkaufspreisen oder in der falschen Vermarktung - allesamt Fehler, vor denen laut Katzler auch die Welt des Designs nicht verschont bleibt. Bleibt auch noch das Problem mit den Stückzahlen: "Was nützt es dir, wenn ein Möbel auch noch so großartig produziert wird, du drei Prozent vom Verkaufspreis erhältst, aber halt nur zwei Stück verkauft werden", so Katzlers Frage, die in Sachen Zahlen einiges klar macht. Den Schuh haben die Designer also in so manch' verlockender Tür, doch kann dieser offensichtlich auch ganz schön drücken.

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"For Use" entwerfen ausschließlich Möbel, reduzierte, moderne Stücke mit verspielten Fußnoten, so re-designten sie zum Beispiel ein Möbel, eine Mischung aus Stuhl und Mini-Fauteuil, das sie in Zagreb in einem Schneiderladen aus den 50er-Jahren aufstöberten. Industriedesign interessiert sie nicht. "Bei einem Möbel kannst du einfach die Soft- und Hardware gestalten", so Katzler über das Bauen von Tisch, Stuhl und Bett. In Sachen Material haben "For Use" keine Präferenzen, da kommt mehr oder weniger alles dran, und betreffend Form ist zurzeit das Dreieck gut angeschrieben bei den dreien, die zwischen 30 und 36 Jahre alt sind. Der Name des Teams soll übrigens daran erinnern, wofür ihr Design gemacht wird. Nicht mehr und nicht weniger.

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Die Kompagnons von Christoph Katzler werken in Zagreb, durchschnittlich einmal im Monat tauchen sie in seiner Wohnung auf, die auch als Studio herhält. Dort wird diskutiert, gearbeitet, gekocht, geschlafen, probiert, zusammengeführt - so wie damals, zu Beginn des Studiums. "Ist halt alles noch immer auf Low-Budget-Ebene. Das Arbeiten im Team steigert zwar unterm Strich nicht unbedingt den Output in Sachen Entwurf, aber drei Hirne haben halt mehr Ideen als eines", so Katzler über die nicht immer einfache Teamarbeit. Zurzeit wird gerade an einem Vollpolstermöbel für einen weiteren großen italienischen Möbler, der noch ungenannt bleiben soll, getüftelt. Zuerst wird gezeichnet, dann im Computer gedreht und gewendet und schließlich am Prototyp gefeilt.

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Dass Möbeldesign immer mehr in den Tiefen einer unüberschaubaren Objektflut absaufen könnte, glauben die Gestalter von "For Use" nicht. In diesem Zusammenhang den Begriff "neu" zu definieren, da tun sie sich aber schwer. Katzler vergleicht an dieser Stelle das Gestalten von Möbeln mit der Mode: "Da kommen auch immer wieder Dinge, die schon einmal da waren, halt neu interpretiert, ergänzt, beschnitten, wie auch immer."

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Trotz finanzieller Durststrecken haben die drei, die sich auf moderne Weise den formalen Traditionen von Größen wie Mies van der Rohe und der Eames sowie der Kunst von Malevic oder Donald Judd verpflichtet fühlen, den Mut zur Gestaltung nicht verloren. "Es war uns immer klar, dass das mit uns was wird. Dass es so lange dauert, war uns nicht bewusst. Aber es wird was, ganz bestimmt", so Christoph Katzler. Hört man ihm zu, wie er von anderen Kollegen wie den Brüdern Bouroullec oder Konstantin Grcic spricht, die den Abflug geschafft haben, kommt es einem ein wenig vor wie auf einer überfüllten Startbahn des Flughafens. Während die einen Richtung blitzblauer Himmel abheben, drehen die anderen halt noch eine Runde neben der Starbahn. Hauptsache, der Flieger ist vollgetankt und die Crew an Bord.

Infos: Email
(Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/25/03/2005)

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