Dan Brown
Sakrileg
(Lübbe)

Grafik: Lübbe

In der römischen Buchhandlung Don Bosco ist das meistverkaufte Buch Italiens nicht erhältlich. Denn Dan Browns Bestseller Sakrileg sei ein "beschämendes Lügengebäude". Dass die katholische Buchhandlung mit dem "üblen Machwerk" kein Geld verdienen will, hat einleuchtende Gründe. Sie ist im Besitz des Salesianer-Ordens, dessen prominentestes Mitglied Kardinal Tarcisio Bertone vor zwei Wochen den amtlichen Bannstrahl der Kirche gegen den US-Autor richtete.

Der Angriff des Vatikans gegen Browns Bestseller kam spät, aber umso heftiger. Die Feindseligkeiten eröffnete Bertone mit einem Interview für Radio Vatikan. Der Erzbischof von Genua äußerte "Besorgnis" darüber, dass "ein Werk mit so vielen Ungenauigkeiten und unzähligen Fehlern" solche Verbreitung finden konnte. Der Erfolg des Buches mit dem italienischen Titel Il codice di Vinci beweise, wie fruchtbar der Boden für "antikatholische Vorurteile" sei. Katholischen Buchhändlern, die das "schamlose Lügenwerk" verkaufen, unterstellte er "pure Gewinnsucht".

Das krause Mysterienwerk, von Brown als "Fiktion" bezeichnet, ist der Kirche ein Dorn im Auge. "Kauft und lest dieses Buch nicht", warnte Bertone vor dem Roman, der Jesus als Vater eines Kindes von Maria Magdalena darstellt und den Laienorden Opus Dei des Mordes beschuldigt. Bertone war lange Stellvertreter Joseph Ratzingers als Präsident der Glaubenskongregation und gilt als möglicher Nachfolger des Papstes.

"Dieser bäuerliche Machiavelli wird von inquisitorischer Nostalgie und von der Sehnsucht nach dem Index geplagt", ärgerte sich die linke Tageszeitung Il Manifesto. Dass der Erzbischof Dan Browns "Erfindungen" auf einem Kongress in Genua von selbst ausgewählten Experten widerlegen ließ, veranlasste die ligurische Tageszeitung XIX Secolo zu spöttischer Kritik: "Dieser Stil wird das Ansehen der Kirche wohl kaum fördern." Bertone wehrte sich: "Was wäre geschehen, wenn solche Lügen über Mohammed, Buddha oder den Holocaust verbreitet worden wären?", fragte der Kardinal in der Tageszeitung Il Giornale.

Doch der ungezügelte zensorische Eifer des Purpurträgers geriet zum Bumerang-Effekt. Die Attacken des Vatikans verschafften Browns Bestseller - die illustrierte Ausgabe erreichte in Italien bisher 34 Auflagen mit 1,7 Millionen Exemplaren, die Taschenbuchausgabe war in kurzer Zeit vergriffen - einen neuen Verkaufsschub. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.3.2005)