Hahn: "Die Wiener Grünen sind eine Gruppierung, die extrem staatsdirigistische Züge hat."

foto: standard/corn
Wiens ÖVP schießt sich auf die Grünen ein: VP-Spitzenkandidat Johannes Hahn glaubt an eine "Rückbewegung" der Wählerschaft. Die "erstarkte Wiener Volkspartei" fische "erkennbar bei den Grünen", sagt er im Gespräch mit Peter Mayr.

* * *

STANDARD: Hoffen Sie auf einen möglichst späten Termin für die Wiener Wahlen, also erst im Frühjahr 2006?

Hahn: Ich hoffe darauf, dass ich nicht ständig über Wahltermine diskutieren muss, sondern dass gearbeitet wird.

STANDARD: Ihr Bekanntheitsgrad ist derzeit aber - vorsichtig ausgedrückt - steigerbar.

Hahn: Ein Wahlgang ist ähnlich wie ein Börsegang. In einer Wahlbewegung steigert sich der Bekanntheitsgrad. Das sehe ich sehr gelassen.

STANDARD: Wird im Herbst im Bund gewählt, überlegt offenbar die Wiener SPÖ gleichzeitig in der Stadt zu wählen. Könnte Kritik an der Regierungsarbeit Ihnen da nicht schaden?

Hahn: Ich nehm's wie es kommt. Bürgermeister Michael Häupl versucht mit allen Tricks, eine Wahlvorverlegung herbeizureden.

STANDARD: Erhalten Sie genug Hilfe von der Bundes-ÖVP?

Hahn: Ich kann mich über eine mangelnde Unterstützung nicht beklagen. Das Verhältnis war schon lange nicht so gut. Demnächst gibt es ein gemeinsames Plakat mit Bundeskanzler Schüssel.

STANDARD: Sie glauben, die absolute Mehrheit der SPÖ in Wien brechen zu können?

Hahn: Das muss auf jeden Fall das Ziel sein. Denn es ist die Voraussetzung dafür, dass sich in Wien etwas bewegt. Das System und die Politik sind ja wie eingemeißelt.

STANDARD: Die Grünen verkünden jetzt schon, dass sie mitregieren wollen.

Hahn: Die Grünen haben da einen sehr larmoyanten Ansatz gewählt. Mein Ziel ist es, die ÖVP zu stärken und zu dem bürgerlichen Sammelbecken in der Stadt zu machen.

STANDARD: Grünen-Chefin Maria Vassilakou nennt den Auftritt der ÖVP "erbärmlich".

Hahn: Also bitte! Diese Aussagen sind nichts anderes als ein Reflex auf eine erstarkte Wiener Volkspartei, die erkennbar wieder bei den Grünen fischt.

STANDARD: Bei den letzten Wahlen haben aber die Grünen die bürgerlichen Stimmen der ÖVP allzu oft weggeschnappt.

Hahn: Da hat es in den letzten Monaten eine Rückbewegung gegeben, weil erkennbar geworden ist, welche Konzepte die Wiener Grünen haben - etwa ihr Wirtschaftsprogramm. Das sind linkslinke Positionen in Reinkultur. Da muss ein Wirtschaftsprofessor Bauchschmerzen bekommen.

STANDARD: Mit welchen Themen wollen Sie bei den Grün-Wählern punkten?

Hahn: Gerade vor dem Hintergrund dessen, was die Grünen präsentieren, muss man herausarbeiten, wie ihr wirtschaftliches Konzept und ihr Menschenbild aussieht.

STANDARD: Und das wäre?

Hahn: Wir schreiben niemandem vor, wie er zu leben hat. Wir bemühen uns um die Rahmenbedingungen. Die Wiener Grünen sind eine Gruppierung, die extrem staatsdirigistische Züge hat. Und das ist etwas, was viele nicht wollen.

STANDARD: Bei der EU-Wahl haben die Grünen der ÖVP vier Bezirke abgenommen.

Hahn: Schau'n wir mal, was die nächsten Wahlen bringen. In der Vergangenheit war es in der Tat so, dass sich verschiedene Parteien bei uns stimmenmäßig bedient haben. Jetzt ist der umgekehrte Trend erkennbar - und daher erleben wir neuerdings Attacken.

STANDARD: Wiens FP-Chef Heinz-Christian Strache ist für Sie kein Gegner?

Hahn: Wenn ich mir die Umfragen anschaue, so arbeitet er jeden Tag daran, dass seine Wichtigkeit rapide abnimmt. Ich glaube, er würde sich selber freuen, weniger bekannt, aber dafür beliebter zu sein. (DER STANDARD; Printausgabe, 29.3.2005)