Wien - Die Regierungsvorlage der SPÖ zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs 1974 enthielt auch einen Katalog an Begleitmaßnahmen, um die Situation schwangerer Frauen zu verbessern. Diese wurden im Parlament durch einen Vorschlag aller Parteien einstimmig ergänzt. Darüber, dass diese Begleitmaßnahmen bis heute nur teilweise umgesetzt wurden, informiert das Wiener Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch in einer Aussendung.

Die beschlossenen Maßnahme "Zugang zu empfängnisverhütenden Mitteln für alle Bevölkerungsschichten gewährleisten" sei nicht umgesetzt worden: "Immer noch ist die Pille für viele, vor allem junge Mädchen zu teuer, ebenso die Spirale", erklärt Christian Fiala, Leiter des Gynmed-Ambulatoriums. Es bestünde jedoch Hoffnung, dass eine künftige Generation an PoltikerInnnen diese Forderung umsetzt. So habe etwa ein breites Jugendbündnis unlängst die Einführung von Verhütungsmittel auf Krankenschein gefordert.

"Sachliche Information in den Massenmedien"

Eine weitere Begleitmaßnahme sei ebenfalls nur unzureichend umgesetzt worden, nämlich: "Sachliche Information über Empfängnisverhütung auch in den Massenmedien". Bis heute sei zu wenig bekannt, dass Kondome und Methoden der Selbstbeobachtung keinesfalls zu den sicheren Verhütungsmitteln zählen, so Fiala.

Auch der beschlossene "Ausbau von Kindergärten und Einführung der Ganztagsschule" sei nicht umgesetzt. 40 Jahre nach diesem Beschluss sperrten immer noch viele Kindergärten - besonders in den ländlichen Gegenden - zu Mittag. Auch eine flächendeckende Einführung der Ganztagsschule gäbe es noch nicht.

Teure und überholte Familienberatungsstellen 

Eine weitere Maßnahme war 1974 die "Errichtung von Familienberatungsstellen in ganz Österreich" . Auch daran wird in der Aussendung Kritik geübt: "Deren ursprünglicher Beratungsauftrag ist in Zeiten des Internet längst überholt und die über 390 Beratungsstellen kosten viel Geld, welches in der konkreten Prävention fehlt."

Die Familienberatungsstellen in ganz Österreich verfügen laut der Aussendung über ein Budget von 48 Millionen Euro jährlich. In der Zeit vor dem Internet seien es wichtige Einrichtungen zur Information und Beratung ungewollt schwangerer Frauen gewesen, heute jedoch wären sie überholt und viele dieser Institutionen dienten anderen Interessen. Das drücke sich auch in der Statistik aus, wonach nur mehr sieben Prozent aller Anfragen das Thema Schwangerschaft betreffen, obwohl immer noch die Hälfte aller Einrichtungen diese Beratung ganz vorne auf ihre Agenden setzen.

Sektenberatung statt Schwangerenhilfe  

Als Ersatz hätten sich die Familienberatungsstellen auf andere Bereiche verlegt, etwa Sektenberatung, welche 57 Stellen und damit mehr als ein Viertel aller Einrichtungen anböten. Auffällig sei auch der große Anteil an kirchlich geführten Beratungsstellen, welche entsprechend ihrer Weltanschauung wenig wirksame Verhütungsmethoden propagieren und damit "leider auch zu der großen Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen beitragen".

Beratungsservice für konkrete Zielgruppen 

Christian Fiala rät, die Familienberatungsstellen deutlich zu reduzieren und auf ein zeitgemäßes, evidenzbasiertes Beratungsservice für konkrete Zielgruppen umzustellen: "Die Geldmittel sollten vielmehr für die Abgabe kostenloser Verhütungsmittel, insbesondere der sehr wirksamen Langzeitmethoden, verwendet werden und um effizientere Informationskampagnen zu starten, so wie dies im übrigen Westeuropa seit langem ein selbstverständlicher Standard ist." Damit könnte ein großer Teil der Schwangerschaftsabbrüche verhindert werden." (red, dieStandard.at, 26.3.2014)