Ja! Service ist Chefsache.

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Das versteckte Marktpotenzial in Sachen Service bei klassischen Industriegüterherstellern ist enorm. Immerhin, so die Studie "Service Now! Time to Wake Up the Sleeping Giant" des internationalen Beratungshauses Bain & Company, generiere das bereits existierende Servicegeschäft 20 bis 25 Prozent der Umsätze und mache rund 50 Prozent der Gewinne der europäischen Industriegüterhersteller aus. Also noch mächtig viel Luft nach oben.

Viele Industriegüterunternehmen könnten ihr Servicegeschäft verdoppeln, gar verdreifachen, so die Studie weiter. Dennoch bringen zahlreiche Unternehmen ihre Bemühungen nicht auf den Boden.

Geschäftsfeld Dienstleistung

Die darin erfolgreichen Unternehmungen - ABB oder Siemens werden genannt - betten ihr Servicegeschäft nicht nur in die Strategie und setzen entsprechende Maßnahmen konsequent um, sie haben einen dafür auch unabdinglichen Kulturwandel in ihren Unternehmungen vorangetrieben. Dazu müsse man bereit sein, daran führe à la longue aber auch kein Weg vorbei zumal Service immer wichtiger werde.

Servicewüste geht nicht mehr

"Es gilt, die klassischen Stärken eines Industriegüterherstellers um die eines modernen Dienstleisters zu ergänzen", sagt Studienautor und Bain Partner Michael Füllemann. Denn Service sei ein anderes Geschäft mit eigenen Regeln und Erfolgsfaktoren. Er müsse mit einer speziellen Philosophie und angepassten Prozessen betrieben und von Menschen geführt werden, die sich für diese Aufgabe eignen, sagt er.

Die Studie zählt fünf Servicekiller auf: 

  • Marktunkenntnis. Nur wenige Unternehmen kennen ihr volles Servicepotenzial, dadurch werden Umsätze verschenkt und es entstehen Lücken in Servicestrategie, Standortplanung und Vertrieb.
  • Teilsortiment. Die aus der Innensicht der Unternehmen heraus entwickelten Serviceprodukte decken den Kundenbedarf über den gesamten Lebenszyklus meist nur ungenügend ab. Die Folgen: entgangene Serviceumsätze, unzufriedene Kunden und "offene Türen" für Drittanbieter in die eigene Servicedomäne einzusteigen.
  • Probieren statt studieren. Oft hängt die praktische Verfügbarkeit von Serviceangeboten mehr von lokalen Kompetenzen ab als von gut entwickelten Geschäftsmodellen. Häufig fehlt eine stringente Personalentwicklung zum Aufbau von Servicekompetenz. Das Phänomen "Achtung, Kunde droht mit Auftrag" ist vielen bekannt.
  • Reaktiver Verkauf. Viele Unternehmen verabsäumen es, aktiv mit Angeboten auf die Kunden zuzugehen. Stattdessen beantwortet der Service lediglich Kundenanfragen und erbringt die erwartete Leistung oft nur unzureichend.
  • Lippenbekenntnis. Häufig wird der Servicewachstumsplan nicht durch die erforderlichen operativen Kompetenzen und Ressourcen unterstützt. Mitarbeiter werden oft erst dann eingestellt, wenn ihre Auslastung durch garantierte Serviceumstätze gesichert ist. Dabei müssten gerade Servicemitarbeiter hinreichend ausgebildet sein, um vor Ort selbständig Kundenprobleme lösen zu können. 

Um ein Servicewachstum zu erreichen bzw. überhaupt eine Verbesserung der Serviceleistungen zu erzielen, so der Berater und Studienautor, gehe es vor allem darum, eine geeignete Organisation und Kultur zu entwickeln und zu unterstützen. Service müsse dafür eine gleichberechtigte Instanz im Unternehmen werden.

Service ist Chefsache

Service gehöre auf die Agenda jeder Vorstandssitzung, ist Füllemann überzeugt. Denn alle Mitarbeiter müssen den Unternehmenswandel vom Produkt- zum Lösungsanbieter verstehen lernen. Füllemann: "Serviceerfolg hängt zu einem viel größeren Teil vom Menschen ab, als es im traditionellen Industriegütergeschäft der Fall ist. Entsprechend ist neben der richtigen Servicestrategie die Entwicklung, Motivation und Befähigung von Mitarbeitern weltweit von entscheidender Bedeutung." (haa, derStandard.at, 27.5.2014)