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Staatssekretärin Sonja Steßl steht Rede und Antwort - das gelingt nicht immer ohne Unsicherheiten. Der Rückhalt durch die Parteiführung ist offenbar nicht von großer Loyalität getragen.

Foto: APA/Pfarrhofer

Braunau/Wien - Volksnähe hat in Zeiten, in denen der Wind dem Politiker rau ins Gesicht bläst, noch nie geschadet. So zog es auch Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) vor, nach ihrem vielkritisierten ZiB 2-Auftritt am Dienstag die Bundeshauptstadt samt Armin Wolf hinter sich zu lassen und einen Oberösterreich-Tag einzulegen. Der erste Besuch der Steirerin in Braunau am Inn: "Mit Braunau bring ich meinen langjährigen Banknachbar im Nationalrat, Harry Buchmayr, und tja ... halt die Diskussion um das Geburtshaus von Adolf Hitler in Verbindung." SPÖ-Bezirksparteiobmann Buchmayr war am Mittagstisch im Kaffee Graf wieder Nachbar - und Hitler zwischen Eierschwammerln und panierten Gemüsetascherln kein Thema.

Wohl aber die Steuerreform. Da galt es, nur in zweiter Linie die SPÖ-Position ins Innviertel zu tragen, als eher das angekratzte Image wieder aufzupolieren: "Die Reaktionen auf das TV-Interview zeigen, dass ich auf dem richtigen Weg bin." Und überhaupt habe sie "im Fernsehen" ja nur eine Frage nicht beantwortet. Steßl: "Und daran wird jetzt eine ganze Kampagne aufgezogen. Es geht aber auch nicht um irgendwelche Prozentpunkte, es geht um die Entlastung für die Arbeitnehmer."

Damit dass sich Kanzleramtsminister Josef Ostermayer am Tag nach Steßls Fernsehauftritt bemüßigt sah, nicht nur "irgendwelche Prozentpunkte", sondern ganz konkret einen Steuersatz im Schnitt von 0,5 Prozent zu präsentieren, hat die Staatssekretärin bei der Braunauer Mittagsrunde kein Problem: "Der Ablauf war richtig so. Meine Botschaft war, die Entlastung der kleineren und der mittleren Einkommen - und zwar möglichst rasch. Und ohne meinen TV-Auftritt würden wir jetzt nicht so eine starke Diskussion über die Millionärssteuer führen."

Steßls Auftritt in der ZiB 2 hatte einen Shitstorm auf Facebook und Twitter nach sich gezogen, die Staatssekretärin war wegen ihrer Unsicherheit und ihrer ausbleibenden Antworten mit Spott und Häme bedacht worden - durchaus auch von SPÖ-affinen Menschen, die gleich die gesamte Diskussion um die Vermögenssteuer auf einer Schieflage sahen.

Beobachtern fiel aber auf, dass Steßl den konkreten Prozentsatz, den Wolf so hartnäckig nachfragte, offenbar schon wusste, jedoch auf Weisung der Partei nicht sagen durfte. Dass dies Ostermayer am nächsten Tag vorbehalten blieb, war ein Affront - und wurde in der SPÖ durchaus kritisch gewürdigt: Dass die Partei ihre Staatssekretärin so ins offene Messer laufen ließ und der Lächerlichkeit preisgab, nur damit sich Ostermayer am nächsten Tag profilieren konnte, wurde als unprofessionell und unfair empfunden. (Markus Rohrhofer, Michael Völker, DER STANDARD, 6.6.2014)