Als "Barockjuwel" bezeichnen die Anrainer ihr Haus in der Wiener Schwertgasse. Sie mobilisieren via Facebook gegen die Umgestaltung. Die Entscheidung muss der Bauausschuss fällen.

Foto: Winkler-Hermaden

Wien - Automatisch richtet man den Blick nach oben, sobald man das schwere Eingangstor hinter sich gelassen hat. Ein prächtiger Innenhof mit originalen Pawlatschen wird einem offenbart, und man erspäht das, was man einen barocken Himmel nennt. Die Kanten der Hausmauern sind so geformt, als wären sie ein Bilderrahmen. Und im Bildinneren? Da ziehen - als handle es sich um ein bewegtes Gemälde - Wolken vorbei.

Das Haus in der Schwertgasse 3 in Wiens Innerer Stadt ist mehr als 300 Jahre alt. Bewohner Walther Götlinger steht im Hof, deutet nach oben und erzählt eindrucksvoll die Geschichte des Hauses. Arthur Schnitzler habe schon hier gelebt. Götlinger selbst wohnt als Mieter sein Leben lang in der Schwertgasse. Über eine enge Wendeltreppe gelangt man zu seiner Wohnung im dritten Stock, die sich unter dem Dachboden des Barockhauses befindet. Der Großteil der Wohnungen steht leer, viele Verträge wurden nicht verlängert.

Weitgreifende Änderungen

Das Haus ("Zu den sieben Schwertern") wurde erstmals 1591 namentlich erwähnt. Um 1700 wurde es barockisiert. Teile aus der Gotik und der Renaissance sind erkennbar. Seit 1924 steht es unter Denkmalschutz. Gemeinsam mit den Nachbarhäusern und der Kirche Maria am Gestade wirkt der Ensembleschutz.

So stolz Götlinger auf sein Zuhause ist - derzeit hat er große Sorgen. Die Inhaber des Hauses, unter anderem die Firma Cuubuus, wollen nämlich massiv umbauen und weitgreifende Änderungen vornehmen. So soll der Dachboden ausgebaut, ein Lift eingebaut und auch der Innenhof zum Teil umgestaltet werden. Stein des Anstoßes ist für Götlinger in erster Linie, wie mit der Bauordnung umgangen wird. Die MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) hat festgestellt, dass "kein öffentliches Interesse" für ein erweitertes Dachgeschoß bestehe. Die MA 37 (Baupolizei) gibt aber ihr technisches Okay.

Um 20 Zentimeter höher

Da der alte Dachstuhl erhalten bleiben muss (Auflage des Denkmalamts), plant die Firma Cuubuus außen herum ein Stahlkonstrukt anzubringen, das den bestehenden Dachstuhl umklammern soll. Dadurch erhöht sich das Haus um 20 Zentimeter. Für die MA 37 liegt dies im Rahmen dessen, was technisch möglich ist.

Außerdem soll der Dachboden zweigeschoßig ausgebaut werden, auch daran stoßen sich die Anrainer. Die Baupolizei komme den Eigentümern entgegen, die daran interessiert seien, möglichst viele Wohnungen unterzubringen. Hans-Jürgen Tempelmayr von der MA 37 weist die Vorwürfe zurück. Der Dachstuhl habe schon jetzt Zwischendecken, die auf zwei Geschoße hinweisen. Die Bewohner haben eine Sachverhaltsdarstellung beim Stadtrechnungshof eingebracht.

Verhandlung Ende des Monats

Die letzte Entscheidung trifft der Bezirk. Hier wird im Bauausschuss Ende des Monats verhandelt, alle bisherigen Stellungnahmen werden berücksichtigt. Das Bundesdenkmalamt hat seine Prüfung noch nicht abgeschlossen. Neben der Erhaltung des barocken Dachstuhls lege es vor allem darauf Wert, dass sich das äußere Erscheinungsbild nicht ändere, wie Friedrich Dahm vom Landeskonservatorat Wien zum Standard sagt.

Die Schwertgasse ist kein Einzelfall. Die Grünen sehen eine inoffizielle Vereinbarung zwischen Baupolizei und Bundesdenkmalamt, der gesamte Bezirk werde nur noch für Spekulanten hergerichtet. "Das ist ein Skandal", sagt Alexander Hirschenhauser, Klubobmann der Grünen Innere Stadt, der leistbaren Wohnraum fordert. Götlinger ist der Meinung, dass es in bestimmten Häusern schlicht keine "Zerstörung" geben dürfe: "Ich will das Haus nicht mit der Hofburg vergleichen - aber ob dort Dachböden ausgebaut würden?" (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 12.6.2014)