Michael Spindelegger hat "Nägel mit Köpfen" gemacht. So umschreibt der Vizekanzler das von ihm und dem Justizminister ausgeheckte und am Mittwoch von der Regierung abgesegnete Gläubigerbeteiligungsprogramm bei der Hypo. Schön, dass die Regierung einmal getätigte Ankündigungen auch umsetzt. Weniger schön ist, dass man sich auf ein Terrain begibt, das ein entwickelter Rechtsstaat tunlichst meiden sollte. Und das auch noch wegen eines Betrags, der im Verhältnis zu den Gesamtkosten für die Rettung der Kärntner Banken ziemlich mickrig ausfällt.

Da nützt es auch nichts, wenn Justizminister Wolfgang Brandstetter und Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny ausrücken, um Einmaligkeit oder angebliches europarechtliches Fundament des Schuldenschnitts zu beteuern. Eine öffentliche Haftung bleibt eine öffentliche Haftung. Und damit sind die Forderungen der Nachranggläubiger besichert. Somit liegt Brandstetter - erstaunlich eigentlich für einen Spitzenjuristen - gründlich daneben, wenn er meint, die Einbeziehung von Gläubigern sei "nichts Neues". Denn besicherte Forderungen zu kassieren ist nicht nur ein Novum, sondern ein absoluter Tabubruch.

Das sollte der Minister eigentlich wissen (wahrscheinlich tut er es auch), bevor er sich den Medien stellt. Selbst im unwahrscheinlichen Fall, dass seine Position juristisch halten sollte, bliebe die wirtschaftspolitische Sprengkraft. Eine gesetzlich und vertraglich abgesicherte Zusage an einen Investor zu widerrufen hat weitreichende Folgen. Gegen derartige Vorgangsweisen gibt es die EU-Grundrechtecharta, die österreichische Verfassung, bilaterale Investitionsschutzabkommen und vieles mehr.

Also die Gläubiger wieder einmal ungeschoren davonkommen lassen und die Verluste wie gehabt sozialisieren? Keineswegs. Natürlich sollen Geldgeber bei Schieflage einer Bank zur Kasse gebeten werden. Doch im Kärntner Fall schützt eben die unsägliche Haftung die Investoren - ein Umstand, der übrigens auch in der künftigen Bail-in-Regelung der EU und den Abwicklungsmechanismen fortgeschrieben wird. Da müsste man schon einen Schritt weiter gehen und die Pleite der Bank und folglich Kärntens riskieren. Die Folgen eines solchen Schritts kann heute kein Mensch voraussehen. Eines lässt sich aber sagen: Diese Vorgangsweise wäre aus rechtsstaatlicher und ordnungspolitischer Sicht konsistent, während die Löschung von Nachrangkapital per Gesetz nichts anderes als einen einseitigen Eingriff in das Eigentumsrecht und eine Verletzung des Vertrauensschutzes darstellt.

Inkonsequent ist zudem, vom Bund garantiertes Nachrangkapital nicht einzuziehen. Wenn diese Kapitalform schon unter Berufung auf künftiges EU-Recht geschnitten und auf die Haftung gepfiffen wird, kann es nicht ausschlaggebend sein, ob Kärnten oder die Republik der Garantiegeber ist. Doch das traute sich die Regierung dann aus Furcht vor Ratingagenturen und Investorenschelte doch nicht.

Unter dem Strich bleibt, dass Österreich wegen eines vergleichsweise bescheidenen Beitrags den Ruf der Republik aufs Spiel setzt - und den gigantischen Hypo-Scherbenhaufen noch um weiteres Bruchglas anreichert. Dort, wo tatsächlich Nägel mit Köpfen gemacht werden sollten - sei es bei der Rechnungslegung oder den Haftungsgrenzen der Länder und Gemeinden -, leidet die Regierung hingegen unter Schlaghemmung. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 12.6.2014)