Brüssel - Der Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament, Hannes Swoboda, sieht die Wahrscheinlichkeit für einen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker bei "90 bis 95 Prozent". Es "bewegt sich auf Juncker zu", sagte Swoboda nach einer Verhandlungsrunde mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy.

Die Ablehnung durch den britischen Premier David Cameron betrachtet Swoboda nicht als Hinderungsgrund. "Cameron hat mit seiner scharfen Intervention und seiner Drohung, die EU zu verlassen, Juncker eigentlich einzementiert." Das könnte aber auch bedeuten, dass es damit im Rat erstmals zu einer Mehrheitsentscheidung über die Position des EU-Kommissionspräsidenten kommt, wenn Großbritannien bei seiner Ablehnung bleibt.

"Kein anderer Kandidat"

Die Sitzung mit Van Rompuy sei gut verlaufen, sagte Swoboda. Die Sozialdemokraten hätten dem EU-Ratspräsidenten klargemacht, dass es eine breite Unterstützung für Juncker gebe. Wesentlich seien nun die Inhalte. Die Mehrheit im EU-Parlament werde für Juncker stimmen, über EVP und Sozialdemokraten hinaus, wenn es vernünftige programmatische Vorschläge des früheren luxemburgischen Regierungschefs gebe.

Jedenfalls "sehe ich keinen anderen Kandidaten", so Swoboda. Es handle sich auch um eine "Frage des Respekts für die Demokratie. Wir müssen dafür sorgen, dass der Spitzenkandidat auch gewählt wird". Zeitlich hofft Swoboda auf keine Verzögerungen. "Ich gehe davon aus, dass der EU-Gipfel am 27. Juni eine Entscheidung treffen wird und das Europaparlament am 15. Juli fristgemäß wählen kann". Wenn nicht, bedeute das eine "Verschiebung um ein paar Monate, und das wäre absolut katastrophal".

"Wachsende Zustimmung" für Juncker

Auch der neue Fraktionschef der Konservativen im EU-Parlament, Manfred Weber, äußerte sich nach der Gesprächsrunde mit Van Rompuy und beharrte eindeutig auf Juncker als Kommissionspräsident: "Im Europaparlament gibt es keine andere Mehrheit als für Juncker."

"Es gibt in der EVP-Fraktion eine große Bereitschaft, auf Großbritannien zuzugehen. Wenn es um Inhalte geht, werden wir Brücken bauen", sagte der EVP-Fraktionschef. Er erlebe jedenfalls "eine wachsende Zustimmung für Juncker". (APA, 12.6.2014)