Die Wahl des höchst umstrittenen Unternehmers und Abgeordneten Deljan Peewski zum Chef des Geheimdienstes vor einem Jahr, am 14. Juni 2013, war der Sündenfall der Regierung. Sie hat sich nicht mehr davon erholt. Peewskis Wahl im Parlament im Hauruckverfahren löste Straßenproteste aus, die ohne Unterbrechung ein halbes Jahr dauerten. Der 33-Jährige, der unter anderem einen Großteil der Medien im Land kontrollieren soll, trat wenige Tage später zurück. Wer den jungen Oligarchen auf den Direktorenposten des Geheimdienstes bugsieren wollte, wurde nie klar. Sozialistenchef Sergej Stanischew, der dafür die politische Verantwortung trug, gab keine klare Antwort. Stanischew ist – noch – auch Vorsitzender der Sozialistischen Partei Europas.

Die russophile Neigung der bulgarischen Sozialisten, eingetrichtert in fünf Jahrzehnten Sowjetfreundschaft und angereichert um einträgliche Geschäftsverbindungen ihnen nahestehender Unternehmer vornehmlich in der Energiewirtschaft, hat sich im Projekt South Stream niedergeschlagen. Welchen Anteil die von der EU-Kommission blockierte Gaspipeline am Scheitern der Koalition in Sofia hat, wird bald klarer werden. Peewskis Name fällt auch hier; der Oligarch soll Unternehmen kontrollieren, die die Ausschreibung für den Bau der Pipeline in Bulgarien gewonnen haben.

Man versteht unter diesen Umständen die antisozialistischen, ja antisozialen Töne der Dauerprotestbewegung in Sofia besser. Die Interessen des Expremiers Borissow, der sich mit der Oppositionsrolle nicht abfinden wollte, hat sie bedient, obwohl es nicht ihr Ziel war. Doch keine bulgarische Regierung wird nunmehr im Hintergrund ungestört mit den Oligarchen packeln können – auch nicht Boiko Borissow. Das ist der Erfolg der Bürgerbewegung. (Markus Bernath, derStandard.at, 17.6.2014)