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Mit Granitsteinen wird die Mariahilfer Straße gepflastert.

Foto: APA/Schlager

Wien - An der Ecke zur Wiener Neubaugasse stecken zwei Buben in einem Zwillingskinderwagen zwischen Baustellenzaun und der Hauswand einer Bäckereifiliale fest. Die Mutter der beiden kann das Gefährt nicht ins Geschäft bugsieren. Die Umleitung um die Baustelle ist zu schmal.

Vor der Bäckerei befestigt ein Arbeiter Steine auf dem Kran, die fast der Größe der Buben entsprechen. Stein für Stein schwingt der Arm herum und setzt jeden Block an seinen vorgesehenen Platz. So entstehen 1,8 Kilometer Mosaikboden zur Verschönerung der Wiener Mariahilfer Straße.

Zollstock und Wasserwaage

Der Pflasterer Werner Gärtner sorgt dafür, dass alles zusammenfindet. Mit Zollstock und Wasserwaage justiert er die Platten. Beim Verlegen kommt es auf jeden Millimeter an: "Wer nicht genau ist, hat nach 180 Metern ein Problem mit der Flucht", erklärt Polier Emmerich Graf im Fachjargon.

Der Bereich rund um die Neubaugasse bildet mit über 700 Metern das Herzstück der "Mariahilfer Straße neu". Dort ist das Aussehen besonders wichtig, daher werden drei verschiedene Sorten Granit eingearbeitet. Für die angrenzenden Begegnungszonen dagegen benutzen die Pflasterer gemeine Betonplatten. "Je teurer und stärker frequentiert die Geschäfte, desto schöner der Stein." Dieser neue Look kostet voraussichtlich 25 Millionen Euro.

Gefährlicher Untergrund

Eine Konsumentin flaniert bereits jetzt zweimal pro Woche auf der Mariahilfer Straße. Ihre Stöckelschuhe hat sie im Kinderwagen verstaut und gegen flache Treter getauscht: "Zu gefährlich", sagt sie. Aber wenn die Rillen mit Sand gefüllt werden und "da noch Gastgärten sind und Blumen stehen, finde ich das richtig schön".

Schön wollen es alle haben. Für das Muster, über das täglich 25.000 bis 70.000 Passanten und Einkaufende spazieren, sorgen Pflasterer Gärtner und seine Kollegen selbst: Für jeden Abschnitt bekommen sie eine bestimmte Anzahl an dunklen und hellen Steinen - wie sie diese anordnen, entscheiden sie selbst. "Ein großes Puzzle", lacht Gärtner in seiner neonorangen Arbeitskleidung.

Vermeidung des Fleckerlteppichs

Die Verwendung von Granit hat neben ästhetischen auch praktische Vorteile. Er nutzt sich nicht so schnell ab wie Asphalt und kann einfach ausgebessert werden. Wird etwas unterirdisch repariert, müssen die Steine nur herausgehoben werden. So vermeidet man den "Fleckerlteppich", in den sich Asphaltstraßen mit den Jahren verwandeln.

Vor der Bäckerei an der Ecke Neubaugasse gastiert seit vier Wochen die Baustelle. Zum Leidwesen einer Filialleiterin. Sie sei inzwischen sehr lärmempfindlich: Sogar das "Rattern des Geschirrspülers daheim" mache sie wahnsinnig. Sie wird Nerven brauchen: Noch über ein Jahr werden Kreissäge, Presslufthammer und Bagger tosen und stauben - geplante Fertigstellung ist im August 2015. (Oona Kroisleitner, Maria von Usslar, DER STANDARD, 22.06.2014)