Foto: Verein „Antares“ NÖ Amateurastronomen
Grafik: Der Standard

"Das ganze ist ja ein ungeheurer Garten", schwärmte Hugo von Hofmannsthal vom Wiesenwienerwald, der Region zwischen den Ausläufern des Wienerwaldes und dem Mostviertel. Viele Generationen an Waldbauern schufen hier eine harmonische Kulturlandschaft. Einzelgehöfte mit Streuobstwiesen, kleine Dörfer und Weiden prägen sie. Mitten durch dieses kleine grüne Universum führt der Michelbacher Sternwarteweg, der auch den Blick in ein etwas größeres Universum gewährt.

Der größte derzeit bekannte Kornelkirschenbaum

Die längere Variante des Sternwarteweges nimmt ihren Ausgang im Ortszentrum von Michelbach. Die Gemeinde beherbergt den derzeit größten bekannten Kornelkirschenbaum. Mit einer Höhe von acht Metern, einem Kronendurchmesser von elf Metern und einem Stammumfang von 2,8 Metern beschattet er fast 100 Quadratmeter. Dessen sogenannte Dirndl, die leuchtend roten Kornelkirschen, gehören neben der Elsbeere zu den charakteristischen Spezialitäten der Region.

Der Ötscher rückt ins Blickfeld

Nach der Südhang-Siedlung steigen wir über eine Wiese zur dekorativ auf der Kuppe des Ötzelsberges stehenden Hinterleithner-Kapelle auf. Der Weg verläuft nun entlang einer Baumgruppe zum Gehöft Kaiblinger auf der Bischofshöhe und zu einer weiteren Kapelle. Von hier etwas schattiger durch ein Waldschacherl und über einen traumhaften Wiesenkamm. Von einer Anhöhe rücken Sankt Pölten und der Ötscher ins Blickfeld.

Exzellentes Panorama vom Schneeberg bis zu den Kalkalpen

Bei einer Wegkreuzung lenkt uns das Schild "Kukubauerhütte" nach links in ein schattiges Hainbuchenwäldchen. Nun über eine Weide zum Gaishofsattel hinunter und auf der anderen Seite über einen Wiesenweg zum sogenannten Windkreuz, einem alten Grenzpunkt. Durch Fichten- und Föhrenwald weiter zum "Föhrenbigl-Alpenblick" und zur Kukubauerhütte (782 m), die nebst gutem Essen eine fulminante Aussicht über das Alpenvorland bietet. Wer noch weiter zur nur wenige Minuten entfernten  Himmelsloge beim "Heimkehrer Kreuz" steigt, wird zur Draufgabe mit einem exzellenten Panorama vom Schneeberg bis zu den Kalkalpen belohnt.

Tiefer Blick ins Universum

Von so viel Ausblick verwöhnt, marschieren wir auf rot markiertem Waldpfad bis zu einem Höhenrücken und über die weite Jubiläumsweide an einem Parkplatz vorbei zur "1. Niederösterreichischen Volkssternwarte", die von den Amateurastronomen des Vereins "Antares" errichtet und im Jahr 2000 eröffnet wurde. Mittels modernstem Teleskop können Besucher aus der Kuppel heraus einen tiefen Blick ins Universum werfen - freilich nicht zurselben Zeit, zu der eine Wanderung hier heroben Freude bereitet.

Kaum lichtverschmutzt

Warum die Warte denn ausgerechnet an dieser Stelle errichtet wurde, fragen wir den ehrenamtlich tätigen Astronomen Gerhard Kermer. "Weil es sich hierbei um einen sehr dunklen, von Lichtverschmutzung freien Ort handelt, was ideal ist für die Beobachtung von lichtschwachen Objekten", sagt Kermer.

Das Ziel des Vereins sei es, gerade Amateure für die Geheimnisse des Weltalls zu begeistern, erklärt er. "Wer mehr über Himmelsphänomene wissen will, kommt am besten nach dem Neumond." Der diesjährige astronomische Höhepunkt wird die Beobachtung des Perseiden-Sternschnuppenschauers sein. Zu dessen Beobachtung sollte man am 12. August dort oben sein.

Der Ausblick nach oben ist sensationell

Der Endspurt unserer Tour verläuft durch Wald und Wiesen bis zum Berghof und dessen Kapelle, dann an der Tarnhofkapelle vorbei und blau-grün markiert durch Hohlwege zum Anwesen Griessler. Durch den Pfarrwald gelangen wir zu den ersten Häusern und zur Pfarrkirche in Michelbach. Hugo von Hofmannsthal hatte schon Recht: Der Wiesenwienerwald ist ein beeindruckender Garten - vor allem der Ausblick nach oben ist sensationell. (Thomas Rabauske, Album, DER STANDARD, 28.06.2014)