Töchter. Es geht um dieses eine kleine Wort. Die Töchter, die seit 2012 in der Bundeshymne auch besungen werden - neben den "großen Söhnen". Nicht statt, sondern gleichrangig. Symbolpolitik, ja. Aber offenkundig sehr wichtig, wie sich dieser Tage drastisch zeigt. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) fand sich, nachdem sie Hymnenboykotteur Andreas Gabalier auf die gesetzeskonforme Textvariante hingewiesen hatte, in einem Shitstorm wieder, der seinem Namen alle "Ehre" macht.

So viel geistiger Unrat, so viel Verachtung, so viel Misogynie brach schon lang nicht mehr so ungeniert hervor - von "Volks-Rock-'n'-Roller" Gabalier und der FPÖ, die sich als Speerspitze des "Volks" und "der Menschen" gerieren, angeheizt. Nicht nur anonyme Pöbler wateten im sprachlichen Morast, auch mit Klarnamen ging es tief zur Sache. Bis hin zu Morddrohungen verstieg sich die Hetzmeute.

Und das alles "nur" wegen der Töchter?! "Hat Österreich denn keine anderen Probleme?", fragten viele Anti-Töchter-Poster. Nun, dieser Furor ist der beste und schlechteste Beweis: Ja, ein Land, in dem Zehntausende es opportun finden, dass nicht genehme Frauen "Fotze", "du Hua" oder unbefriedigtes "Emanzenweib" genannt werden und "Papm hoidn" angeschafft bekommen, anstatt das Wort "Töchter" respektvoll über die Lippen zu bringen, hat tatsächlich andere Probleme. Es zeigt, wie dünn der Firnis der Zivilisation und wie fragil das Geschlechterverhältnis ist. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 30.6.2014)