Auf dem Papier wirkt die Rolle von Heinz Fischer toll. Er kann jeden Österreicher zum Bundeskanzler ernennen, er kann die Regierung jederzeit absetzen, ist Oberbefehlhaber des Bundesheeres, repräsentiert im Ausland, und er kann verurteilte Straftäter begnadigen.

Die realpolitische Bedeutung sieht freilich anders aus: Heinz Fischer ist machtlos. Wenn er sich für Vermögenssteuern ausspricht, kratzt das in der ÖVP niemanden. Wenn er sich skeptisch zum Hypogesetz äußert, wird das die Regierung nicht zum Umdenken bewegen. Wenn es hier doch noch zu Änderungen kommen sollte, dann wegen des Drucks der Bankenlobby auf nationaler und internationaler Ebene - nicht wegen Fischer.

100 Jahre nach dem Tod von Franz Ferdinand wäre es an der Zeit, das Amt des Ersatzkaisers abzuschaffen. Für die Außenpolitik haben wir einen Außenminister, für die Verteidigungspolitik einen Verteidigungsminister. Das Instrument der Begnadigung ist ohnehin überholt. Für die Verleihung von Ehrenzeichen und das Übernehmen von Schirmherrschaften werden sich andere finden.

Und die Rolle des Präsidenten als Krisenmanager, der Regierungen entlassen kann? Auch diese weitgehenden Befugnisse werden überschätzt. Verfügt eine Regierung über eine Mehrheit im Parlament, ändert auch der Widerstand des Bundespräsidenten nichts am Kurs. Gibt es keine Mehrheit mehr, ist die Regierung ohnehin Geschichte. (Günther Oswald, DER STANDARD, 7.7.2014)