Wien - Das Energieeffizienzgesetz wurde am Mittwoch vom Nationalrat beschlossen. Seitens der Grünen wurde bereits am Mittwochvormittag bestätigt, dass man sich bei den Verhandlungen mit der Koalition in der Nacht geeinigt habe und somit die notwendige Zweidrittel-Mehrheit zustande kommt.

Man habe in langen Verhandlungen "einen richtungsweisenden Kompromiss erzielte", erklärt auch Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner in einer Aussendung.

Das Gesetz werde die Effizienz zwischen Input und Output verbessern, ohne die Umsätze der Energieversorger und Unternehmen einzuschränken, sagte Mitterlehner. Gegenüber dem Begutachtungsentwurf gibt es mehrere Änderungen, so habe man etwa bei den fossilen Energien Abstriche gemacht, heißt es.

Kern der Novelle ist, dass der heimische Endenergieverbrauch im Jahr 2020 bei 1.050 Petajoule stabilisiert wird. Energieversorger müssen künftig jährlich nachweisen, Maßnahmen zur Energieverbrauchseinsparung um 0,6 Prozent gesetzt zu haben. Tun sie das nicht, sind Pönalen zu bezahlen. Welche Einsparmaßnahmen anerkannt werden, muss noch mittels Verordnung entschieden werden. Dazu zählen werden wohl beispielsweise Geräte-Tauschaktionen oder Stromsparpakete.

Ölheizungen out

Neu ist, dass der Einbau von Öl-Brennwertgeräten im Neubau nicht mehr als Effizienzmaßnahme gilt und auch der Austausch alter Ölheizungen ab dem Jahr 2018 nicht mehr als Energieeffizienzmaßnahme angerechnet werden kann, um die Ziele der Lieferantenverpflichtung zu erreichen, auch wenn diese Maßnahmen tatsächlich zu Einsparungen führen. Anrechenbar sind aber andere Maßnahmen, auch wenn sie möglicherweise keine tatsächlichen Einsparungen beim Energieverbrauch bewirken.

Die Meinungen darüber, was das Energieeffizienz wirklich bewirken soll und kann, gehen auseinander. Während die Grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner der Ansicht ist, dass die Energieversorger künftig jährlich nachweisen müssen, eine Energieverbrauchseinsparung um 0,6 Prozent erreicht zu haben, sieht man das im Wirtschaftsministerium anders: "Die Energielieferanten müssen künftig nicht weniger Strom oder Gas verkaufen, sondern sollen als kundennahe Dienstleister Aktionen setzen, die zu einem effizienteren Einsatz von Energie führen", stellte Mitterlehner klar. Die Energielieferanten können sich solche Aktionen als Energieeffizienzmaßnahmen anrechnen lassen, und zwar im Ausmaß von 0,6 Prozent des jährlichen Energieabsatzes an ihre Endkunden.

Zufriedene Grüne

Die Grünen bewerten den Beschluss eines Energiespargesetzes als "Grundstein für das wichtigste Kraftwerk Österreichs, nämlich das Einsparkraftwerk", ergänzt Klubobfrau und Bundessprecherin Eva Glawischnig. Das bedeute Unabhängigkeit von Energieimporten aus problematischen Ländern wie Russland, Saudi-Arabien, Iran usw. Derzeit sind laut den Grünen die österreichischen Haushalte mit Energieimportkosten in der Höhe von rund 17 Milliarden Euro belastet. Erstmals in der jüngeren Geschichte gibt es in diesem Energiespargesetz verbindlich festgeschriebene Ziele für die Einsparung von Energie.

In Kraft treten wird die Lieferantenverpflichtung am 1. Jänner 2015, wobei auch schon heuer gesetzte Maßnahmen anrechenbar sind. Die Lieferanten können sich von der Verpflichtung aber auch durch eine schuldbefreiende Ausgleichszahlung in Höhe von mindestens 20 Cent pro Kilowattstunde freikaufen. Diese Ausgleichszahlungen kommen in einen Fördertopf für Energieeffizienzmaßnahmen. Wer die Einsparverpflichtungen nicht erfüllt und auch die Ausgleichszahlung nicht bezahlt, dem droht eine Geldstrafe bis zu 100.000 Euro.

Lob und Kritik

Auch SPÖ-Energiesprecher Wolfgang Katzian sprach heute von einem "Meilenstein der österreichischen Energiepolitik". "Durch die Energielieferanten-Verpflichtung werden wir die Menge an Energie einsparen, die 1,8 Mio. Haushalte bis 2020 an Strom verbrauchen würden", zeigte sich Katzian in einer Aussendung überzeugt. FPÖ-Energiesprecher Hofer kritisierte das Gesetz als "mangelhaftes Flickwerk mit hohem Belastungspotenzial" und bedauerte, dass "noch immer kein schlüssiger Masterplan für Österreichs Energiezukunft vorgelegt wird".

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 begrüßt das Energieeffizienzgesetz als "Schritt in die richtige Richtung", als besonders positiv wird das Ziel bewertet, den Energieverbrauch in Österreich auf maximal 1.050 Petajoule zu senken. Allerdings missfällt Global 2000, dass der Einbau neuer Ölheizungen noch bis 2018 als Einsparmaßnahme anrechenbar sein wird. Greenpeace begrüßt einerseits die Einigung der Regierungspartei mit den Grünen, kritisiert aber, "dass ein ambitioniertes Gesetz am massiven Widerstand von Wirtschafts- und Industrieverbänden gescheitert" sei.

Wirtschaft ist zufrieden

Die sind mit dem Gesetz in der nun akkordierten Fassung auch zufrieden. "Der Wirtschaft ist es in letzter Sekunde gelungen, bürokratische Belastungen für Betriebe durch das Energieeffizienzgesetz zu verhindern", sagte der Leiter der Abteilung für Umweltpolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, Stephan Schwarzer, laut Aussendung. Der wichtigste Verhandlungserfolg sei, dass man statt Energiesparmaßnahmen auch Ausgleichsbeiträge leisten könne.

Für den Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer sind die mit den Grünen ausgehandelten Kompromisse "schmerzhaft", auch wenn wesentliche von der IV geforderte Elemente nun enthalten seien.

Diese Begeisterung teilten Freiheitliche, Team Stronach und NEOS nicht. FP-Wirtschaftssprecher Bernhard Themessl ärgerte sich darüber, dass einerseits ständig die Reindustrialisierung Europas ausgerufen werde, dann aber ständig Hindernisse für die Industrie aufgebaut würden.

Monster mit Milchzähnen

NEOS und Team Stronach konzedierten zwar, dass die Grünen in den Verhandlungen mit der Koalition noch sinnvolle Ergänzungen - etwa die Einbeziehung der Bundesimmobiliengesellschaft - herausgeholt hätten, für eine Zustimmung war es den zwei kleinen Oppositionsparteien aber zu wenig. Aus einem "zahnlosen Monster sei ein Monster mit Milchzähnen" geworden, urteilte Stronach-Mandatarin Ulla Weigerstorfer, die vor allem den zu hohen Bürokratieaufwand geißelte.

Seitens der NEOS meinte deren Abgeordneter Michael Pock, dass es paradox sei, bei den Einsparungszielen eine Lieferanten-Verpflichtung einzuführen. Richtig wäre bei den Konsumenten und nicht bei den Betrieben anzusetzen. Zudem würden die Versorger letztlich den Großteil der Kosten an die Konsumenten weitergeben.  (APA/red, derStandard.at, 9.7.2014)