Wien - Die Bund/Länder-Vereinbarung zum Ausbau der Kinderbetreuung hat am Donnerstagnachmittag einstimmig den Nationalrat passiert. Kritik der Opposition gab es dennoch. Grüne und Neos ärgerten sich darüber, dass nicht entsprechend auf die Öffnungszeiten geachtet worden sei. Freiheitliche und Team Stronach hätten gerne mehr Gewicht auf die innerfamiliäre Kinderbetreuung gelegt gehabt.

15a-Vereinbarung

Gemäß der 15a-Vereinbarung fließen bis 2017 vom Bund 305 Millionen in den Ausbau der Kinderbetreuung: 100 Millionen in den Jahren 2014 und 2015, je 52,5 Millionen 2016 und 2017. Die Länder müssen diese Mittel kofinanzieren, wenn auch nicht mehr zu gleichen Teilen wie bisher: Der Beitrag sinkt schrittweise von heuer 50 Prozent auf 35 Prozent im Jahr 2017, was vor allem die Neos ziemlich aufregte, umso mehr, als auch noch Mittel von privaten Rechtsträgern zu 50 Prozent bei der Kofinanzierung angerechnet werden können.

Ursprünglich war vorgesehen, dass es überhaupt nur dann eine Förderung gibt, wenn die Betreuungseinrichtung 47 Wochen pro Jahr geöffnet hat. Das wurde nach Widerstand der Länder auf 45 Wochen korrigiert, zum Ärger von Grünen und Neos, aber auch der SPÖ.

Engagement der Großeltern

Dass etwa in Vorarlberg die Kinderbetreuungsstelle oft acht Wochen geschlossen ist, verhindere eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ärgerten sich SP-Familiensprecherin Angela Lueger, ihre grüne Kollegin Daniela Musiol und Neos-Vizechefin Beate Meinl-Reisinger. Eine Berufstätigkeit gehe sich daneben nicht mehr aus.

Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) entgegnete, ihr sei besonders wichtig gewesen, dass jene Einrichtungen, die länger offen haben, die höchsten Förderungen bekämen. Sie gehe auch davon aus, dass es in vielen Fällen Großeltern und Väter gebe, die sich in der Kinderbetreuung engagieren und somit Frauen durchaus Beruf und Familie vereinbaren könnten.

Entsprechende Förderung innerhalb der Familie präferieren die Freiheitlichen und das Team Stronach. Sie erwarten sich, dass es finanziell auch leistbar sein müsse, Kinder daheim zu erziehen.

StPO-Novelle beschlossen

Der Nationalrat hat am Donnerstag mit den Stimmen aller Fraktionen außer der Grünen eine Reform der Strafprozessordnung (StPO) beschlossen. Sie bringt unter anderem die Wiedereinführung des Mandatsverfahrens ohne Hauptverhandlung. Auch der zweite Berufsrichter in großen Schöffenverfahren kehrt zurück.

"Dieser Entwurf, davon bin ich überzeugt, wird sich in der Praxis bewähren", sagte Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) im Zuge der Debatte. Die Verfahrensbeschleunigung sei im Mittelpunkt gestanden, aber auch die Steigerung der Qualität großer Verfahren. Eine längere Begutachtungsfrist sei leider "faktisch nicht machbar" gewesen, Änderungsanregungen habe man aber bis zuletzt aufgegriffen.

Die StPO-Reform bringt einige Nachjustierungen zur großen Vorverfahrensreform: Das Mandatsverfahren wird für kleinere Delikte, die mit Geldstrafe oder bedingter Freiheitsstrafe bedroht sind, wieder eingeführt. Ermittlungen der Staatsanwälte wird ein Zeitlimit von drei Jahren gesetzt, das nur mit richterlicher Genehmigung überschritten werden kann. In großen Schöffenverfahren wird wieder ein zweiter Berufsrichter installiert. Beschuldigte werden stärker in die Bestellung von Sachverständigen eingebunden und können Privatgutachten einbringen. Es wird zwischen Beschuldigtem und Verdächtigem unterschieden und der Verteidigerkostenersatz bei Freispruch wird verdoppelt.

Seitens der Opposition gab es großteils Wohlwollen. Für die Grünen bezeichnete Justizsprecher Albert Steinhauser allerdings die Dreijahresfrist als Placebo. Beim Mandatsverfahren zeigte er sich skeptisch. Es bestehe die Gefahr, dass es die Diversion ersetze, und es schaffe Raum für mögliche Prozessabsprachen.

Harald Stefan (FPÖ) kritisierte wie auch die anderen Oppositionsfraktionen das nur etwas mehr als zwei Wochen lange Begutachtungsverfahren. "Der Rechtsstaat hat in weiten Bereichen hier gewonnen", meinte er aber insgesamt. Größere Probleme hatte auch seine Fraktion mit dem Mandatsverfahren.

Georg Vetter (Team Stronach) befürwortete die Verkürzung langer Verfahren, denn diese könnten selbst zur Strafe werden. Beate Meinl-Reisinger (Neos) begrüßte den letztlich mit den Stimmen aller Fraktionen angenommenen Entschließungsantrag zur Evaluierung des Mandatsverfahrens.

Seitens der Regierungsfraktionen sprach SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim von einem großen Schritt, merkte aber an, dass auch sein Klub nicht glücklich mit dem Mandatsverfahren sei. Michaela Steinacker (ÖVP) sah Praxis-Erfahrungen der "Jahrhundertreform" aus dem Jahr 2008 nun berücksichtigt. (APA, 10.7.2014)