Johnny Winter bei seinem Auftritt am vergangenen Samstag beim Lovely-Days-Festival in Wiesen.

Foto: standard / heribert corn

Wien/Zürich - Seinen letzten Auftritt in Österreich absolvierte er erst voriges Wochenende beim Festival Lovely Days im burgenländischen Wiesen. Laut Augenzeugen war Johnny Winter zwar merkbar gesundheitlich angegriffen. Der Intensität des Auftritts konnte dies allerdings kaum etwas anhaben. Das Gefühl, hier einen der größten noch lebenden Bluesmusiker vielleicht ein letztes Mal zu erleben, stand allerdings im Raum.

Johnny Winter wurde 1944 in Beaumont, Texas, als John Dawson Winter geboren. Gemeinsam mit seinem um zwei Jahre jüngeren, ebenfalls mit Albinismus zur Welt gekommenen Bruder, dem Keyboarder und Saxofonisten Edgar Winter, begann er schon als Kind mit Ukulele öffentlich aufzutreten. Bereits als Teenager hatte er seine erste Bluesband. Und trotz gelegentlicher Ausflüge in den Rock blieb Blues als Grundeinstellung immer das beherrschende Element seines Lebens. In einem seiner letzten Interviews meinte er im heurigen Juni: "Schon als ich 12 war, wusste ich, dass ich Musiker werden wollte. Der Blues war so voller Emotionen und hatte so viel Feeling; wenn man das nicht in sich hat, wird man nicht gut in diesem Genre werden."

Michael Jensen

Johnny Winter studierte bei den Größten des elektrischen Blues wie Muddy Waters, B. B. King oder dem bis heute unterschätzten Bobby Bland. Mit seinem schneidenden und singenden, brutalen und gefühligen Gitarrenton aus seiner jahrelang bevorzugten Gibson Firebird machte er sich bald außerhalb der lokalen texanischen Bluesszene einen Namen. Vor allem auch als Slide-Gitarrist. Ende der 1960er-Jahre, nach Auftritten mit den bereits etablierten weißen Bluesstars Al Kooper und Mike Bloomfield, die zuvor geholfen hatten, Bob Dylan elektrisch zu machen, gastierte Johnny Winter auch in Woodstock. Dort nahm nicht nur eine toxisch gut aufgestellte, längere Beziehnung mit Janis Joplin ihren Anfang, die Winter später in jahrelange Heroinabhängigkeit führen sollte. Für die damalige Rekordsumme von 600.000 Dollar Vorschuss unterschrieb Johnny Winter auch einen Plattenvertrag. Er veröffentlichte mit Bruder Edgar sowie altehrwürdigen Gästen wie Chicago-Blues-Großmeister Willie Dixon am Bass oder Walter Horton an der Mundharmonika erfolgreiche, nicht immer originell betitelte Alben wie Johnny Winter, Second Winter, Johnny Winter And oder John Dawson Winter III.

1977 holte Winter sein Idol Muddy Waters aus der Versenkung. Die dabei in Folge mit ihm als Gitarristen und Produzenten entstandenen Alben Hard Again, I’m Ready oder King Bee zählen zu den Höhepunkten des Genres. 

Lawrence Blumenstein

Trotz anhaltender gesundheitlicher Probleme und wechselnder musikalischer Moden veröffentlichte Johnny Winter bis zuletzt regelmäßig Alben und ging auf Tour. Demnächst wird nun leider erst posthum Step Back erscheinen, auf dem Gäste wie Eric Clapton, Billy Gibbons, Leslie West oder Dr. John zu hören sein werden. In besagtem Interview meinte Johnny Winter am Schluss: "Ich hoffe, ich werde als guter Bluesmusiker in Erinnerung bleiben."

Johnny Winter ist nun auf Tour in einem Hotel in Zürich gestorben. Er wurde 70 Jahre alt. Wie heißt es in einem alten Bluessong: Rollende Steine setzen kein Moos an. (Christian Schachinger, derStandard.at, 17.7.2014)