Central Park, Broadway, Times Square - New York zählt zu den meist besuchten Städten der Welt. Jahr für Jahr strömen mehr als 50 Millionen Touristen in die US-Metropole. So ein Ausflug ist nicht gerade billig. Die Hotelpreise liegen laut "New York Times" derzeit im Schnitt bei 266 Dollar (rund 195 Euro) pro Nacht.

Ein wahres Schnäppchen ist hingegen das Angebot des New Yorker Künstlers Miao Jiaxin. Für nur einen Dollar lässt er ab August Gäste in seinem Dach-Atelier im Stadtteil Brooklyn übernachten. Kleiner Schönheitsfehler: Das Hotelzimmer ist ein Gefängnis.

Über Facebook buchbar

Den etwa 2,40 Meter langen und 1,80 Meter breiten Gitterkäfig, den der 37-jährige Miao in seinem Studio aufgebaut hat, können Touristen auf Facebook buchen - für mindestens zwei und höchstens fünf Nächte. "Gefängnis sucht Häftlinge", lautet der Titel seiner Werbeseite. "Um in meiner Gefängniszelle zu übernachten, musst du kein Verbrechen in New York begehen", schreibt er. "Allerdings musst du die Regeln befolgen."

Das heißt: Seine Gäste verbringen jeden Morgen mindestens drei Stunden in dem Käfig. Während dieser Zeit dürfen sie kein Internet und keine elektrischen Geräte benutzen. Lesen, sprechen, Sport machen und schlafen sind ebenso verboten. Wer gegen die Regeln verstößt, muss 100 Dollar Strafe pro Tag zahlen.

Ein-Dollar-Zelle

Zwei Überwachungskameras filmen ab August die Zelle samt darin eingebauter Toilette und Waschbecken. Die Aufzeichnungen werden rund um die Uhr auf Miaos Facebookseite veröffentlicht. Außerdem lässt Miao während der drei Stunden Haftzeit Besucher in das Atelier, die sich sein Kunstobjekt ansehen können.

Außerhalb der drei Stunden können sich seine Übernachtungsgäste frei im Haus bewegen. Auf dem Dach werden sie laut Facebook "von frischer Luft und einem grandiosen Blick über Brooklyn und Manhattan begrüßt".

Miao will auf Isolation aufmerksam machen

Mit der Ein-Dollar-Zelle wolle er mehrere Botschaften übermitteln, sagt Miao der Deutschen Presse-Agentur. "Ich bin vor acht Jahren in die USA emigriert. Nach all diesen Jahren erkenne ich immer noch eine Distanz zwischen den Menschen", erklärt der Künstler mit den chinesischen Wurzeln. "Du lebst hier, aber wahrscheinlich lernst du niemals deinen Nachbarn kennen. Das ist als würde man in einem Käfig leben - körperlich oder geistig."

Miao sieht einen Grund für die zunehmende Distanz zwischen den Menschen darin, dass Smartphones und andere Technik einen immer größeren Platz in ihrem Leben einnehmen. In der Zelle sollen sie erkennen, dass sie auch ohne diese Geräte zurecht kommen.

Leben im eigenen Käfig

Andere Künstler interpretieren sein Werk weiter. Anfang Juli sperrte sich der New Yorker Straßenkünstler Matthew Silver in der Zelle ein. Das Video zu der Aktion trägt den Titel: "Wenn du andere verurteilst, bringst du dich in deinen eigenen Käfig."

Bevor Miao nach New York kam, lebte er bis 2006 in Shanghai. Am Anfang seiner Karriere fotografierte er Prostituierte, dann verkleidete er sich selbst als eine und schließlich kreierte er im Internet einen Transvestit-Star. Oft stellt er seine Arbeit mit Hilfe von Fotos oder Videos dar, die er als eigenständige Kunstwerke betrachtet.

Für August bereits ausgebucht

Besonders bizarr war eine Aktion, zu der seine Eltern per Skype zugeschaltet waren. Vor ihren Augen rasierte er sich Kopf und Augenbrauen, verbrannte die Haare sowie seinen chinesischen Pass und aß die Asche mit einem Sandwich.

Für August ist Miaos Zelle schon ausgebucht. Einer der Besucher habe sich für zwei Tage angemeldet und wolle 48 Stunden lang die Regeln befolgen, erzählt der Künstler. Auch Jordan Thomas Wagner aus Walla Walla im Bundesstaat Washington hat reserviert. Er kommt im Oktober. "Ein Dollar ist ziemlich günstig für eine Dachwohnung in Brooklyn, auch wenn es ein Käfig ist!", schreibt er auf Facebook. Er habe einen Artikel über Miaos Angebot gelesen und sich gedacht: "Warum nicht?" (APA, red, derStandard.at, 17.07.2014)