Wien - Lichtverschmutzung ärgert die Astronomen, ficht aber wenigstens deren Studienobjekte, die Sterne, selbst nicht an. Biologen müssen sich da schon mehr Gedanken machen, denn auch auf Tiere bleibt das Übermaß an künstlichem Licht nicht ohne Auswirkung.

Wissenschafter des Konrad-Lorenz Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung sind der Frage nachgegangen, wie sich die Lichtverschmutzung auf Blaumeisen Wienerwald auswirkt. Für Vögel ist Licht ein wichtiger Zeitgeber: Die Tiere schließen daraus auf den richtigen Zeitpunkt zur Paarung, zum Brüten, zur Futtersuche oder wann es etwa Zeit ist, auf Wanderschaft zu gehen. Wird der natürliche Tag- und Nachtrhythmus durch Kunstlicht "verschmutzt", hat das möglicherweise auch Veränderungen der natürlichen Verhaltensweisen der Tiere zur Folge.

Experiment

Katharina Mahr und Herbert Hoi erhellten über etwa drei Wochen hinweg zwei zusätzliche Stunden in der Früh und am Abend verschiedene Areale des Wienerwaldes mit LED-Lampen. Während des Experiments untersuchten die Forscher die Häufigkeit, mit der die Elterntiere ihren Nachwuchs fütterten, die Qualität des Futters, zu welchen Zeitpunkten die Vögel mit der Paarung begannen und die Stresshormone im Kot der Tiere. Zudem analysierten sie die Verwandtschaftsgrade der Jungen untereinander.

"Wir gehen davon aus, dass sich Licht in der Nacht auf die Partnerwahlstrategien der Vögel auswirkt. Männchen stehen beispielsweise gern im Rampenlicht, während Weibchen lieber im Dunkeln bleiben. Licht könnte also das Liebesleben der Geschlechter unterschiedlich beeinflussen. Blaumeisenmännchen sind zudem 'Morgensänger'. Besonders fitte Männchen beginnen bereits in der Morgendämmerung mit ihrem Gesang. Blaumeisenweibchen gehen beispielsweise häufig fremd, tun das aber im Verborgenen", erklärt Mahr die Annahmen hinter den noch vorzunehmenden Analysen.

Es gehe nun darum herauszufinden, ob das zusätzliche Licht Konflikte zwischen den Geschlechtern zur Folge hat oder ob die durch Kunstlicht verkürzte Ruheperiode beispielsweise zu zusätzlichem Stress bei den Küken führt. Mit ersten Ergebnissen sei im kommenden Jahr zu rechnen, so Mahr.

Um sogenannte "Light at Night"-Effekte auf das Leben der Tiere im Wienerwald möglichst gering zu halten, soll anhand der Ergebnisse ein Konzept erarbeitet werden, das Lichtquellen in bestimmten Gebieten reduziert. (APA/red, derStandard.at, 25. 7. 2014)