Den schwarzen Peter hat niemand gern in der Hand, bedeutet er am Ende des Spiels doch eine Niederlage. In der Ukraine hat Präsident Petro Poroschenko die Rolle des Verlierers wohl Premier Arseni Jazenjuk zugedacht. Dieser muss, obwohl er mit seiner Rolle als Sündenbock für die anstehenden schweren Reformen alles andere als einverstanden ist, weitermachen.

Das Hickhack um den Rücktritt Jazenjuks, der erst entnervt vom Scheitern zahlreicher Gesetzesprojekte und dem Austritt zweier Regierungsfraktionen das Handtuch warf und nun nach dem Vertrauensvotum doch noch im Amt bleibt, zeugt auch vom derzeitigen Zustand der ukrainischen Politik. Das Wort Chaos trifft es am besten. Die Widersprüche in der eilig gebildeten Regierungskoalition sind groß, Absprachen haben eine kurze Halbwertzeit. Kleine taktische Intrigen sind oft wichtiger als strategische Ziele.

Eine der Intrigen besteht in vorgezogenen Neuwahlen. Poroschenko ist daran interessiert, weil seine Partei in der Rada nicht vertreten ist. Freilich will er bis zu den Neuwahlen nicht das Image seines Vertrauten Wladimir Groisman - vergangene Woche für ein paar Stunden Übergangspremier in Kiew - besudeln. Genau das aber droht dem Regierungschef ungeachtet seiner Kompetenz in der jetzigen wirtschaftlichen Lage. So hat Poroschenko den schwarzen Peter an Jazenjuk weitergeschoben. Wer den Wahlpoker gewinnt, ist ungewiss, die Ukraine sicher nicht. (André Ballin, DER STANDARD, 1.8.2014)