Wien - Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt angespannt. Besonders von Arbeitslosigkeit betroffen sind weiterhin Migranten und ältere Arbeitnehmer. Auch auf dem Lehrstellenmarkt bleibt die Nachfrage der Unternehmen verhalten. Das Bonus-Malus-System für über 50-Jährige, wie es im Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP verankert ist, lässt weiter auf sich warten.

Die Arbeitslosigkeit ist im Juli in Österreich insgesamt weiter gestiegen. Ende Juli waren 351.313 Personen ohne Job, 9,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen kletterte um 11,6 Prozent auf 286.363, die der AMS-Schulungsteilnehmer um 1,7 Prozent auf 64.950.

Ende Juli waren in Österreich 3,610.000 Personen unselbstständig beschäftigt, das sind 0,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei den Älteren (ab 50 Jahren) stieg die Arbeitslosigkeit im Juli um 17,2 Prozent auf 73.269 Personen, bei Behinderten um 22,5 Prozent auf 10.131 und bei Ausländerinnen und Ausländern um 22,8 Prozent auf 67.544

Problemkind 50+

Die Bundesregierung hat unlängst ein "Arbeitsmarktpaket 50+" geschnürt, das zusätzliche Fördermittel für ältere Arbeitnehmer zur Verfügung stellen soll. Bei der Implementierung des Bonus-Malus-Systems hapert es noch an der Umsetzung. Die Sozialpartner verhandeln. Allerdings ist man sich alles andere als einig, wie das Anreizsystem aussehen soll.

Die Arbeitnehmervertreter präferieren ein Modell, das auch Sanktionen für Nichteinhaltung einschließt: Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeitern müssen eine zuvor berechnete Quote an Mitarbeitern über 50 Jahren beschäftigen. Tun sie das nicht, müssen sie eine Art Strafzahlung von 350 Euro pro Monat leisten. Das so gesammelte Geld kommt für betriebliche Gesundheitsförderung oder Maßnahmen zur Absicherung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zum Einsatz.

Die Wirtschaft blockiere diese Variante allerdings, sagt Josef Wallner von der Arbeiterkammer auf Nachfrage von derStandard.at. Was er gar nicht versteht: "Auf der einen Seite heißt es immer: 'Wir werden alle länger arbeiten müssen', auf der anderen offensichtlich aber auch: 'aber nicht bei uns'." Auch die Gewerkschaft pocht auf die Umsetzung dieses Bonus-Malus-Systems.

Zu bürokratisch

Die Arbeitgebervertreter halten das vorgeschlagene Modell für zu bürokratisch und lehnen es ab. Quoten und Strafen seien ungerecht, sagt Rolf Gleißner von der Wirtschaftkammer zu derStandard.at. Die Ungerechtigkeit erklärt er anhand eines Beispiels: In einer Disco werden wahrscheinlich kaum Ältere arbeiten, im Wiener Kaffeehaus schon. Dass nun der eine dafür eine Strafe zahlen soll, kann Gleißner nicht nachvollziehen.

Die WKO bevorzugt deswegen ein anderes Anreizsystem, das an das vor wenigen Jahren abgeschaffte angelehnt ist: Unternehmen sollen zahlen, wenn sie ältere Arbeitnehmer kündigen, dafür weniger Lohnnebenkosten zahlen, wenn sie Mitarbeiter über 50 einstellen. Bei der Arbeiterkammer hält man diesen Weg für nicht zielführend, letztlich sei das System auch wegen Erfolglosigkeit bereits aufgehoben worden, sagt Wallner.

Einig ist man sich in der Sozialpartnerschaft nur darüber, dass das Thema ältere Arbeitnehmer gesamtgesellschaftlich relevant ist. Gleissner fasst es so zusammen: "Das Ziel eint uns, die Wege sind noch unterschiedlich." Im Sozialministerium geht man davon aus, dass noch im Herbst ein Bonus-Malus-System eingeführt wird. Vorausgesetzt, die Sozialpartner finden einen gemeinsamen Weg.

Trend setzt sich fort

Was den generellen Trend auf dem Arbeitsmarkt angeht, ist Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) vorerst nicht sehr optimistisch. Weiter steigende Beschäftigung und ein darüber hinausgehender Zuwachs des Arbeitskräfteangebots sorgten bei nach wie vor schwacher Konjunktur für eine weitere Zunahme der Zahl vorgemerkter Arbeitsloser.

Die leichte Belebung bei Exporten und Ausrüstungsinvestitionen reiche noch nicht aus, ein wirtschaftliches Wachstum zu generieren, das die Arbeitslosigkeit senke. "Ohne entsprechende Unterstützung durch die inländische Nachfrage werden, vor allem auch angesichts des weiter steigenden Arbeitskräfteangebots, die Arbeitslosenzahlen mittelfristig nicht spürbar sinken", so die Prognose.

EU-weit weist Österreich nach wie vor die geringste Arbeitslosenquote von 5,0 Prozent auf, sie ist damit nur halb so hoch wie der EU-Durchschnitt von 10,2 Prozent. (APA/roda, derStandard.at, 1.8.2014)