Vier Generationen Seat Ibiza: ergibt umgerechnet 30 Jahre.

foto: seat

Legte den ersten Ibiza kantig an: Giorgio Giugiaro. Die zweite Generation geriet ihm deutlich molliger.

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Der Italiener Walter de' Silva jubelte dem Ibiza einen Hauch Alfa unter.

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Generation vier merkt man hingegen den früheren Arbeitgeber von Luc Donckerwolke an: Lamborghini.

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Alejandro Mesonero-Romanos arbeitet an der fünften Generation.

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Es brauchte einen besonderen Anlass, neugierigen Berichterstattern aus aller Welt die Tore zum Centro Tecnico zu öffnen, dem geheimen Thinktank, dem Allerheiligsten, dem Zentrum des Zentrums des Seat-Werks in Martorell, eine knappe halbe Autostunde nördlich von Barcelona. Natürlich nicht ohne vorher alle Studien, Modelle und Skizzen wegzuräumen und einer weißen Lounge-Landschaft Platz zu machen, in der 30 Jahre Ibiza zelebriert wurde.

Ibiza: Ikone, Stütze und Cashcow des Unternehmens, die nun in ihrer vierten Auflage schwungvolle mediterrane Form, gebotoxt von deutscher Technik und den Qualitätsstandards des VW-Konzerns, am schlüssigsten vorträgt.

Von Giugiaro bis Mesonero

Alle vier Designer, die je Hand an den Ibiza legten, waren anwesend. Der allererste, Giorgio Giugiaro, via Zuspielung aus Mailand, seine Nachfolger Walter de' Silva, Luc Donckerwolke und Alejandro Mesonero höchstpersönlich.

Man würdigte den Erstentwurf von Giugiaro als maßgeblich für alle weiteren Entwicklungsschritte, hob die einfache Linienführung hervor, die idealen Proportionen und die Begründung eines jugendlich dynamischen Kompakten.

Dieser 1984er-Ibiza war der erste Entwurf eines eigenständigen Seats. Davor bastelte man Fiat-Modelle auf Seat um. Und mit ihm zeigten sich frühe, zarte Bande zu VW, als sich Porsche an die Optimierung der Motoren machte und sich mit dem Namenszusatz "System Porsche" am Heck verewigte.

Flotte Flüssigkeit

In der zweiten Auflage nahm er dem Ur-Ibiza das Kantige und interpretierte den spanischen Bestseller in flotter Flüssigkeit. Da war Seat bereits unter das sichere Dach von Volkswagen geschlüpft, was einerseits eine neue, moderne Fabrik in Martorell einbrachte, andererseits die Motorenpalette auf sparsame TDI- und scharfe Cupra-Versionen mit bis zu 150 PS erweiterte.

Generation drei verantwortete schließlich Walter de' Silva. Auch wenn der Italiener die Karriereleiter im VW-Konzern erklomm und er heute die Position des Chefdesigners für alle zwölf Marken bekleidet, blieb er dem Ibiza als treuer Beobachter erhalten und schwor in wochenlangen Gesprächen seine Nachfolger auf die Ibiza-Philosophie ein: Er musste ein Auto für alle sein, die Leidenschaft südlich mediterraner Form in immer neuem Kleid bewahren und den jugendlichen Charakter behalten.

Flankenpfeile

Luc Donckerwolke war diese Aufgabe übertragen, nachdem man ihm beschieden hatte, genug mit Lamborghinis gespielt zu haben und jetzt (ab 2008) richtig zu arbeiten. Bei Seat. Am Ibiza.

Er löste sich ungern von den Flachen, Starken, musste nach eigenen Worten völlig umdenken, völlig von vorne anfangen und fühlte eine große Last auf seinen Schultern. Die er mit dem Arrow-Design, der immer noch gültigen nach vorn gepfeilten Ausrichtung und den gegenläufigen, schnellen Strichen an den Flanken dem nächsten Designer übergab.

Bewegte Skulptur

Alejandro Mesonero-Romanos arbeitet bereits an der fünften Generation, deren Erscheinungsdatum er im Ungefähren beließ. Er sieht im Auto eine Skulptur, die sich bewegt, und sich selbst an die Vorgaben der Ibiza-DNA gebunden.

Es wird eine Evolution mit kleinen Revolutionen, und wenn man die kleine Skizze des Neuen möglicherweise richtig deutet, wandern die seitlichen Sicken in die Horizontale, während Heck und Front in spektakulären, sternförmig aufeinander zustrebenden Linien das nächste Ibiza-Gesicht schneiden werden. (Andreas Hochstöger, DER STANDARD, 1.8.2014)