Alpen-Donau.info ist in einer neuen Version seit Anfang 2014 online, Betreiber ist Richard P. Er veröffentlichte die Namen zweier Hinweisgeber, die sich an die NS-Meldestelle gewandt hatten.

Foto: Screenshot

Bild nicht mehr verfügbar.

2009 bis 2011 war Alpen-Donau bereits aktiv, damals galt sie als Anlaufstelle für Rechtsextreme und schockierte mit hetzerischen Beiträgen.

Foto: APA

Bild nicht mehr verfügbar.

Vergangenen Jänner wurde der Neonazi Gottfried Küssel im Zusammenhang mit Alpen-Donau (alt) zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

APA

Wie Hinweisgeber-Seiten funktionieren könnten, zeigt die Whistleblower-Seite der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Dort wird Anonymität garantiert.

Foto: Screenshot

Dass die rechtsextreme Website Alpen-Donau.info erfuhr, wer sie bei der Meldestelle für NS-Wiederbetätigung angezeigt hatte, sorgt weiter für heftige Kritik. Die wichtigsten Fragen zur Causa im Überblick.

Frage: Sind die persönlichen Daten der zwei Hinweisgeber, die sich an die NS-Meldestelle gewandt hatten, weiterhin auf der rechtsextremen Website verfügbar?

Antwort: Ja – daran wird sich auch nichts ändern, solange die zwei Betroffenen nicht zivilrechtlich dagegen vorgehen. Aus der Kanzlei der Medienanwältin Maria Windhager heißt es, dass aufgrund der Veröffentlichung von Namen, Telefonnumern und Adressen der zwei Hinweisgeber ein "Verstoß“ gegen bestehende Gesetze vorliege, der verfolgt werden könne. Da die Betreiber von Alpen-Donau ihre Leser zusätzlich aufforderten, "Fanpost" an die beiden Genannten zu verschicken, könnte unter Umständen auch der Tatbestand des "Cyberstalking“ erfüllt sein. An rechtliche Schritte denken die zwei Betroffenen jedoch anscheinend nicht.

Frage: Wie sind die Betreiber überhaupt zu den Daten gelangt?

Antwort: Alles deutet darauf hin, dass dies auf dem Weg der Akteneinsicht geschehen ist. Durch ihre E-Mail an die Stelle für NS-Wiederbetätigung hatten die zwei Hinweisgeber eine Anzeige getätigt. Dadurch gelangten ihre Daten in den Akt, der wiederum vom Beschuldigten – also dem Alpen-Donau-Betreiber – eingesehen werden kann. Verifiziert werden kann dies nicht, da die Staatsanwaltschaft Wien dazu keinen Kommentar abgeben möchte.

Frage: Der Alpen-Donau-Betreiber schreibt, eine Liste mit allen Hinweisgebern der NS-Meldestelle zu besitzen. Stimmt das?

Antwort: Auch das ist weiterhin unklar. "Ich schütze meine Informanten“, so Alpen-Donau-Betreiber Richard P. auf Anfrage des STANDARD. Vonseiten der Staatsanwaltschaft heißt es hierzu, man habe jedenfalls "keine Liste an Namen“ übergeben. Was im gesamten Akt steht, bleibt aber für die Öffentlichkeit geheim.

Frage: Warum wird überhaupt ein Akt gegen Alpen-Donau geführt?

Antwort: Laut Staatsanwaltschaft Wien wird gerade ein Ermittlungsverfahren gegen die Website geführt, unter anderem ausgelöst durch die Hinweisgeber, die sich an die NS-Meldestelle gewandt hatten. Alpen-Donau.info war bereits 2009 bis 2011 aktiv und für hetzerische und antisemitische Postings bekannt. Danach wurde die Seite vom Netz genommen. Vergangenen Jänner waren der bekannte Neonazi Gottfried Küssel und zwei Mitbeschuldigte im Zusammenhang mit der Seite zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Daraufhin wurde die Seite von einem Richard P. wieder in Betrieb genommen, er wollte die Plattform dazu nutzen, auf "Verbrechen gegen Gottfried Küssel" hinzuweisen.

Frage: Sind Beschuldigte immer so gut über ihren Akt informiert?

Antwort: Nein. Der Wiener Rechtsanwalt Georg Zanger hat sich in der Vergangenheit vehement gegen Rechtsextremismus engagiert, auch gerichtlich. Zanger "bewundert“, über welche Informationen Alpen-Donau verfügt. "Diese Fülle an Vorab-Infos ist außergewöhnlich“, so Zanger. Er selbst war mehrmals von Rechtsextremen angeklagt worden und hatte erst bei der Einstellung des Verfahrens erfahren, dass überhaupt ein Akt existiert.

Frage: Haben die Hinweisgeber mit vollen Namen in den Akt aufgenommen werden müssen?

Antwort: Nein. Der zuständige Staatsanwalt hätte entscheiden können, dass ihre Daten geschwärzt werden, da ihnen bei Nennung Gefahr droht. Dies beurteilte der zuständige Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter offenbar anders, obwohl Alpen-Donau-Betreiber Richard P. erstinstanzlich wegen Gewaltdelikten verurteilt wurde. Kronawetter war erst vor kurzem beim Prozess um den deutschen Studenten Josef S., der bei der Anti-Akademikerball-Demo randaliert haben soll, in Erscheinung getreten. In diesem Verfahren waren alle als Zeugen auftretenden Polizisten anonymisiert.

Gerhard Jarosch, Präsident der Vereinigung der Staatsanwälte schlägt etwa vor, personenbezogene Daten von Opfern, Beschuldigten und Zeugen prinzipiell nicht in den Akt aufzunehmen - es sollen technische Voraussetzungen getroffen werden, damit die Polizei diese Daten zwar erfasst, aber andere Verfahrensbeteiligten sie nicht einsehen können. Versuche, solche Veröffentlichungen zu sanktionieren, seien in der Vergangenheit allerdings immer gescheitert, so Jarosch weiter.

Frage: Welche Konsequenzen hat die Datenpanne der NS-Meldestelle?

Antwort: Willi Mernyi vom Mauthausen-Komitee nennt die Vorgänge einen "Schildbürgerstreich". Er fürchtet, dass künftig weniger Menschen rechtsextreme Umtriebe melden: "Das ist gut für die Nazis und gut für die Polizei, weil sie sagen kann, dass rechtsextreme Taten zurückgehen." Mernyi weiß aus eigener Erfahrung, dass Rechtsextreme versuchen, Gegner durch Drohanrufe und E-Mails einzuschüchtern.

Frage: Welche Alternativen gibt es?

Antwort: Wer der Meldestelle für NS-Wiederbetätigung nicht mehr vertraut, kann sich an andere Stellen wenden. Die Initiative "Stoppt die Rechten" hat eine Liste an Kontaktadressen zur Verfügung gestellt, die NS-Meldestelle empfiehlt sie nach den aktuellen Vorfällen nicht mehr. Nennenswert sind etwa das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) sowie die Stopline, die unter anderem von den Internet Service Providers Österreich (ISPA) unterstützt wird.

Frage: Was sagt die Politik?

Antwort: Die Grünen haben eine parlamentarische Anfrage angekündigt. Das Justizministerium will die Vorgänge prüfen, sieht die Schuld aber beim Innenministerium, das die Namen schon im Ursprungsakt anonymisieren hätte sollen. Tatsächlich könnte die NS-Meldestelle stärker hervorheben, dass Hinweise "nur auf Wunsch" vertraulich sind. Das Innenministerium zeigte sich indes "überrascht", dass der Staatsanwalt die Personen nicht im Akt schwärzte.

Frage: Wie funktionieren andere Stellen, welche Vorbilder gäbe es?

Antwort: Hier ist beispielsweise die Whistleblower-Website der Korruptionsstaatsanwaltschaft zu nennen. Meldungen sind per se anonym, der Hinweisgeber wird umfassend geschützt. Das ist auch bei Meldestellen gegen Rechtsextremismus möglich, wie private Initiativen zeigen. Aber der Blick nach Deutschland offenbart, dass auch staatliche Stellen im Kampf gegen rechts auf Anonymität ihrer Hinweisgeber setzen. (fsc, derStandard.at, 5.8.2014)