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Die Familie des bei Kämpfen in Arsal getöteten Soldaten Ali Khaddaaro trauert

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Beirut/Wien - Der Libanon wird seit Ausbruch des Kriegs im benachbarten Syrien immer wieder von Stellvertreterkonflikten heimgesucht. Aber die beunruhigendste Episode spielt sich derzeit in der Stadt Arsal, nahe der Grenze zu Syrien im Nordosten ab: Die libanesische Armee kämpft dort seit Tagen gegen sunnitische Extremisten, die anfänglich militärisch relativ erfolgreich waren und der Armee Verluste zufügten - die Rede ist von mindestens 16 Toten und zwei Dutzend Vermissten seit dem Wochenende. Es gibt darüber hinaus Dutzende Tote in Arsal, sowohl Kämpfer als auch Zivilisten.

Begonnen hatte die Auseinandersetzung mit dem Versuch, staatliche Autorität durchzusetzen: Sicherheitskräfte hatten einen syrischen Rebellenkommandanten, Emad Jumaa, verhaftet. Von jenseits der syrischen Grenze waren danach islamistische Kämpfer zur Verstärkung gekommen. Wenn die Lage nicht unter Kontrolle gebracht wird, besteht die Gefahr, dass die Hisbollah eingreift, was wiederum Sunniten mobilisieren würde. Libanesische Politiker pochen deshalb darauf, dass Arsal eine Angelegenheit der nationalen Armee sei, die der Lage gewachsen sei.

Es ist richtig, dass die Sicherheitskräfte - deren Ausbau von außen, etwa von den USA, unterstützt wird - in den vergangenen Jahren solche Krisen immer besser meistern. Die Regierung unter Premier Tammam Salam hat Paris gebeten, die Lieferung von (von Saudi-Arabien finanzierten) französischem Militärgerät zu beschleunigen. Noch gilt allerdings die Hisbollah als die militärisch effektivste Kraft im Libanon.

Salam betonte, dass es keine Verhandlungen mit den Islamisten geben werde, nur deren Abzug komme infrage. Gleichzeitig versuchten drei hohe offizielle sunnitische Würdenträger in die Stadt zu gelangen, um dort zu vermitteln und die Freilassung von gefangenen Soldaten zu erreichen: Ihr Konvoi wurde angegriffen, die Kleriker verletzt.

Nicht ganz klar dürfte sein, wie sich die Gruppe der Radikalen zusammensetzt: Zu Beginn war die Rede von Kämpfern der jihadistischen Nusra-Front. Diese hat sich zwar früher in Syrien Verdrängungskämpfe mit dem "Islamischen Staat" (IS) geliefert, angesichts der militärischen Erfolge der IS haben sich jedoch auch Nusra-Leute, wie auch Kämpfer anderer Gruppen, der IS angeschlossen. Jedenfalls heißt es, dass die nach Arsal nachrückenden Kämpfer zur IS gehören. Das kann auch eine Dramatisierung zugunsten des Slogans "Arsal darf nicht Mossul werden" sein. Uneinigkeit gibt es auch darüber, ob eine Übernahme von Arsal durch die Jihadisten strategisch geplant war oder sich die Auseinandersetzung dynamisch entwickelt hat. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 6.8.2014)