Als Biennale in den Vorarlberger Bergen besetzt der Walser herbst eine spannende Nische innerhalb des heimischen Festivalreigens: Zum einen will man den Bewohnern des Großen Walsertals ein Forum bieten, das bewusst regionaler konzipiert ist als bei den Tiroler Nachbarn in Alpbach; zum anderen konfrontiert die Festivalleitung rund um Dietmar Nigsch die Traditionen des Tals mit Experimenten, um die Begegnung mit aktuellem Kulturschaffen anzuregen.

Heilkunst im Walsertal

Anhand des Programmschwerpunkts 2014 „Die Kunst der Kur – Heilende Kräfte“ wird rasch klar, wie das funktioniert: Im Walsertal gibt es eine lange Geschichte der Heilkunst, die sich seit dem Beginn des Kurtourismus massiv gewandelt hat. Da wird unter anderem zu diskutieren sein, inwieweit sich das Wissen der Heilkundigen im Tal – meist Frauen – etwa mit dem oft uniformen Wellness-Tourismus der Gegenwart und der Schulmedizin verträgt. Dreh- und Angelpunkt für die entspannte Reflexion ist das 2012 errichtete Lutzschwefelbad, ein puristisches Stück Kurarchitektur direkt am Lutzbach in Sonntag.

Forum für Bild und Ton

Ergänzt wird das Leitmotiv „zeitgenössische Badekultur“ durch Bild- und Tondokumente vom alten Heilerinnen wissen, eine Ausstellung über die Geschichte der medizinischen Versorgung im Großen Walsertal sowie eine Installation zum Thema Schmerzen. Ganz unabhängig davon bietet der Walserherbst wie immer ein großes Forum für Autorenkino, Musik, Theater und Literatur. (Sascha Aumüller, Rondo, DER STANDARD, 08.08.2014)